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TechTuesday: Monster Cookies

Ein Mann will seiner Frau ein ganz besonderes Geschenk machen: Als sie am Hochzeitstag wie immer in der Früh NYTimes.com liest, winkt ihr ihr Ehemann in einer Bannerwerbung entgegen: “Happy Anniversary, Hon!” Egal welche Seite sie ansurft, ihr Mann taucht überall in Bannerwerbung auf. Nein, er hat nicht alle Bannerwerbung aufgekauft, er hat bloß ein sogenanntes Cookie auf den Laptop seiner Frau gelegt. Die kampagnenstrategischen Implikationen dieser Anekdote sind enorm.

Cookies sind kleine Dateien, die Websites auf die Computer ihrer BesucherInnen legen, und Informationen über den/die UserIn speichern. Sie sind der Grund, warum wir uns nicht jedes Mal in unseren Mail, Amazon oder Facebookaccount einloggen müssen. Sie ist aber auch der Grund, warum Werbung der AUA, von Zalando und anderen jemanden durch’s Netz verfolgt, kurz nachdem man auf  diesen Seiten war. Immer mehr politische Kampagnen wissen das für sich zu Nutzen.

Fernsehen von gestern

Zwar ist Fernsehwerbung noch immer die teuerste, aber längst nicht mehr die zielgerichteste Möglichkeit, WählerInnen zu erreichen. Durch DVR, Online-Streaming Services und immer weiter abnehmende Quoten der Abendnachrichten sehen immer weniger Menschen Werbung – zumindest nicht während der Ausstrahlungszeit, wie die NY Times schreibt:

A survey conducted last May on voters’ television viewing habits, which is often cited by Romney advisers, found that 31 percent of likely voters had not watched television “live” — that is, at the time it was being broadcast, as opposed to online or on a recording device — in the previous week. And of the 17 percent who said they mostly watched programs recorded on devices like a DVR, a large majority skipped through ads most of the time.

Deshalb wird es immer wichtiger, Menschen online zu erreichen, wo man nicht nur eine Botschaft abliefern kann, sondern gleich einen Call to Action mitgeben kann. Bloß: Wie findet man WählerInnen online?

Bannertargeting von gestern

Bis 2010 galt eher eine Daumen-mal-Pi Regel: Auf Website X befinden sich LeserInnen der Ideologie Y, daher schaltet nur Kampagne Y Werbung auf Website X. Demokratinnen warben als auf MSNBC, Huffington Post, linken Blogs, DailyKos, The Nation, etc. während RepublikanerInnen eher auf Big Government, Little Green Footballs und Fox News Werbung kauften. Nachdem aber Bannerwerbung nicht wie Plakatwerbung statisch für einen bestimmten Zeitraum auf einem bestimmten Ort steht, sondern dynamisch ist, begann erst 2010 ein Umdenken weg von der Seite hin zum/r BesucherIn.

“We are site agnostic and audience specific,” said Zac Moffatt, the Romney campaign’s digital director. “It doesn’t bother me what site they’re on. I’m just looking for an audience.”

Doch wie weiß man, welche/r BesucherIn auf welcher Seite ist?

Monster Cookies

Es gibt drei Möglichkeiten, wie man diesen Digital Mindshift schafft:

  1. Mithilfe von Umfragedaten
  2. Mithilfe der IP Adresse
  3. Mit Cookies und einer WählerInnendatenbank

Manche Anbieter führen einmal im Quartal eine Umfrage durch, in der sie das Seitenbesuchsverhalten, diverse ideologische Standpunkte und demographische Daten abfragen. Kampagnen können dann jene Firmen beauftragen, etwa republikanische Frauen aus dem Bundesstaat Colorado, denen ein Anstieg von Militärausgaben wichtig ist, mit Bannerwerbung zu bespielen. Die Firmen stellen eine Liste an Seiten zusammen die diese Frauen mehrheitlich ansurfen. Das steigert zwar die Wahrscheinlichkeit, dass diese die Werbung sehen, aber garantiert ist es nicht.

Die IP Adresse ist da schon zielgenauer. Aus diversen Datenbanken kennt man die ungefähre Demographie und das Wahlverhalten einer Gegend (je kleiner, desto besser – am besten ein einzelner Wohnblock); man kennt auch die IP Adressen dieser Gegend und kann  bestimmte Banner nur für bestimmte IP Adressen schalten.

Den/die einzelne BenutzerIn erreicht man aber nur mit Hilfe von Cookies. Diese Taktik ist so neu, dass es nur sehr wenige Firmen gibt, die Cookie Targeting anbieten können. Man braucht dazu nämlich einige saubere Daten(banken): Zu aller erst eine gut sortierte WählerInnendatenbank mit Name, Adresse, WählerInnengeschichte, Interessen, etc. Dann braucht man mehrere Cookiedatenbankenanbieter. Diese Anbieter haben Cookies zu Konsumverhalten, Demographie, Vermögen, und andere Daten die amerikanische WählerInnen nie bewusst hergegeben haben, gesammelt und verkaufen sie – aber nur anonymisiert. Das Cookiematching – das zuordnen einzelner Cookies zu einem WählerInnendatensatz  - findet also auf deren Seite statt.  Mit dieser Taktik kann man dann WählerInnen gezielt nach Kriterien bespielen, die Kampagnen schon seit Anbeginn von WählerInnendaten verwenden. Predictive Voter Modeling: Wer sind meine WählerInnen? Wie eine Kampagne das herausfindet, hat uns schon einmal beschäftigt und wird es auch noch länger tun.

Bis dahin, als kleines Public Service Announcement: Wer in Zukunft von Bannerwerbung durchs Internet verfolgt wird, sollte die folgenden Schritte setzen. A) Nach Möglichkeit so oft wie möglich auf den Banner klicken. Zwar ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass die Firma pro Klick (und nicht pro 1000 Impressions) zahlt, doch falls sie es tut, kostet dem Verfolger jeder Klick mindestens 5 Euro. B) Wer genug davon hat, einfach die Cookies des Browser löschen und schon sind sie verschwunden.

Dieser Beitrag ist von Yussi Pick

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