Strategy Sunday: Stille Macht, heilige Macht …

Die Werbeschlacht in den letzten Wochen vor den ersten republikanischen Vorwahlen wird immer heftiger, doch ausgerechnet der neue Favorit Newt Gingrich setzt dabei auf Entschleunigung. Er hofft darauf, mit diesem Stil in den Weihnachtstagen den richtigen Ton zu treffen …

Newt Gingrich segelt hart am Wind. Nachdem seine Kampagne im Sommer bereits mehr tot als lebendig war, verfügt er über deutlich weniger Geld in der Kriegskasse – und damit auch über weniger Personal und Kampagnenstruktur – als seine unmittelbaren Mitbewerber. Dieser Umstand macht sich immer wieder bemerkbar.

Ein Mitt Romney nahestehender konservativer Blog lieferte zuletzt eine genüßliche Zusammenfassung der Probleme von Gingrichs Kampagne. Hämische Berichte wie diese mehren sich in den letzten Tagen, denn seit sein Höhenflug in den Umfragen begann, wird Newt immer heftiger attackiert.

Harte Bandagen

Seine unmittelbaren Konkurrenten versuchen derzeit vehement, einen Erfolg Gingrichs bei den Vorwahlen in Iowa zu verhindern. Hier ist z. B. ein neuer Spot von Mitt Romney, der dafür auch gleich die Website newtfacts.com ins Netz gestellt hat:

Auch Ron Paul, der sich große Chancen ausrechnet, mit einem soliden Abschneiden seiner gut organisierten Kampagne in Iowa endlich als Kandidat um die republikanische Nominierung ernst genommen zu werden, verstärkte zuletzt seine Attacken auf den „Frontrunner“:

„Negative Ads“ wie diese waren bislang die stärkste Waffe im Rennen um die republikanische Nominierung. Wer immer das KandidatInnenfeld anführte, wurde – nicht zuletzt durch derartige TV-Spots – in den Umfragen wieder nach unten geprügelt.

Auch gegen Newt Gingrich könnte diese Taktik funktionieren, wie aktuelle Umfragen belegen. Für seine Kampagne wäre das besonders dramatisch, denn wenn er sein Momentum in den ersten Vorwahlen nicht aufrecht erhalten kann, wird ihm eher früher als später die Luft ausgehen. Doch auch für seine Mitbewerber steht einiges auf dem Spiel, da Gingrich immer schwerer aufzuhalten sein wird, wenn er nicht bald gestürzt werden kann.

Einlullen als Kampagnestrategie

Aus diesem Grund ist es besonders interessant zu beobachten, wie Gingrich sich in dieser Phase verhält. Und dabei zeigt sich wieder einmal, dass er ein alter Kampagnenhase ist. Statt die Dynamik weiter anzuheizen, setzt er auf eines der ältesten und bewährtesten Rezepte führender KandidatInnen: Entschleunigung. Und die Weihnachtsfeiertage könnten ihm dabei helfen, mit dieser Strategie durchzukommen.

So beklagte sich Gingrich zuletzt in einem landesweiten TV-Sender Iowas, dass Negativwerbung unvereinbar mit dem Geist von Weihnachten sei. Eine Botschaft, die er derzeit auf allen Kanälen transportiert: So plädierte Gingrich auch in einem Brief an seine UnterstützerInnen für eine positive Kampagne (und feuerte einen Kampagnenmitarbeiter, der nicht in dieses Bild passte).

Sehen wir uns einmal an, mit welchen – fast ein wenig „Retro“ anmutenden – TV-Spots Gingrich diese „message“ untermauert. Darin spricht er die Attacken direkt an:

(Sehr sehenswert ist übrigens auch ein anderer Spot von ihm, der ebenfalls unter dem Slogan Rebuilding the America We Love steht.)

Zugegeben: Newt Gingrich macht aus der Not eine Tugend, denn um selbst negative TV-Spots zu schalten, hat er einfach nicht genug Geld. Doch er versteht es mit diesem Auftritt perfekt, sich von seinen stärksten Mitbewerbern abzuheben, Sympathie aufzubauen und ein tiefgreifendes Bedürfnis der Menschen – nach der einstigen Harmonie einer (in der Erinnerung verklärten) „guten alten Zeit“ – zu befriedigen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Botschaft „Genug gestritten“ gut ankommt. (Umso genialer, wenn Gingrich damit auch noch seine Kampagnenkasse schont.)

Santa Claus als lebendes Schutzschild

Das Timing passt jedenfalls perfekt, denn die Weihnachtsfeiertage tragen ihren Teil zur Entschleunigung der Vorwahlkämpfe bei. Eine Beobachtung, die man auch in Österreich bereits machen konnte. Bei den Bundespräsidentschaftswahlen, die zuletzt immer im April stattfanden, mussten die Kampagnen beispielsweise immer berücksichtigen, dass die Osterfeiertage mitten in den Wahlkampf fielen.

So wie Weihnachten ist auch Ostern eine ganz schlechte Zeit für aggressive Wahlwerbung. Ostereier verteilen ist zwar in Ordnung, aber angriffige Breitseiten gegen den politischen Mitbewerb könnten dem Absender aufgrund des gestörten „Osterfriedens“ auf den Kopf fallen. Schließlich werden die meisten Feiertage – zumindest von weiten Teilen der Gesellschaft – der Familie und den Freunden gewidmet. Der Wunsch nach Harmonie ist in diesen Zeiten besonders ausgeprägt.

Die Kampagne von Newt Gingrich kennt dieses Phänomen und versucht Santa Claus als lebendes Schutzschild gegen die Attacken seiner Gegner einzusetzen. Sie hat angekündigt, in der kommenden Woche einen TV-Spot zu präsentieren, in dem Gingrich gemeinsam mit seiner (dritten) Frau Callista den WählerInnen „Frohe Weihnachten“ wünscht. Klingt echt „old school“, könnte aber gut ankommen.

Mein Fazit: Auch wenn eine Kampagne niemals Pause macht, muss sie Feiertage, zumal religiöse, in ihre Planung berücksichtigen. Umso mehr, als diese zu den wenigen vorhersehbaren Ereignissen im Verlauf eines Wahlkampfs zählen – und primär den Favoriten zugute kommen. Newt Ginrich könnte davon profitieren.

P.S.: Aufgrund der Weihnachtsfeiertage wird der „Strategy Sunday“ in der kommenden Woche ausfallen. Ich wünsche euch allen, genau, frohe Weihnachten!

Dieser Beitrag ist von Stefan Bachleitner

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2 Rückmeldungen zu “Strategy Sunday: Stille Macht, heilige Macht …”

Trackbacks / Pingbacks

  1. [...] noch ein kleiner Nachtrag zu meinem letzten „Strategy Sunday“-Beitrag „Stille Macht, heilige Macht …“, in dem dieses Video hier angekündigt [...]

  2. [...] not: “Friendly Gingrich” argued in a letter to his supporters for a positive campaign – and fired a campaign employee who did not fit into this [...]


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