Pick of the Week: Policy statt Politics

Wann, wenn nicht zur Vorweihnachtszeit hat man die Ruhe und Zeit, sich mit inhaltlichem Diskurs auseinanderzusetzen (oder den Post zu bookmarken und im Kekskoma zu lesen). Deshalb ist der Pick of the Week heute die Wahlprogramme der drei republikanischen Frontrunner in Iowa laut Public Policy Polling (wer sich für die anderen interessiert findet eine Liste am Ende dieses Beitrags). Ron Paul und Mitt Romney sind Kopf an Kopf  (23:20 bei einer Unschärfe von 4%), Newt Gingrich hat die letzten beiden Wochen verloren und steht bei 14% (1).

Gingrich kann auf eine lange Karriere als Kongressabgeordneter zurückblicken: Im Wahljahr 1994 – die ersten Midterms für Bill Clinton – war er der Hauptinitiator des Contracts for America, einem nationalen Wahlprogramm das von fast allen republikanischen Abgeordneten und KandidatInnen unterschrieben wurde. Diese seltene Einigkeit und Koordination auf nationaler Ebene führte zur ersten republikanischen Mehrheit im Abgeordnetenhaus seit den 50er Jahren und zu Newt Gingrich als Speaker. Das lässt er uns auch nicht vergessen: Das Wahlprogramm für seine Präsidentschaftskandidatur nennt er “21st Century Contract with America” Vor allem Nummer 9 und 10 sind spannende Lehrstücke in amerikanischer Politik: Die Verfassung wird vor allem von den RepublikanerInnen als Heiliger Gral gesehen, dem es zu folgen gilt. Das Wort der Gründerväter soll Gesetz sein. Praktisch: Denn nachdem die Gründerväter politische Philosophen waren, die eine jahrelange Debatte geführt haben, findet sich für jede politische Position ein Wort (und ein Gegenwort). Sollte das mal nicht so sein, gilt eben der Wille und die Intention.

Verfassungstreu gibt sich auch Ron Paul in seinen politischen Positionen, etwa wenn es um die treue Interpretation des umstrittenen 2. Amendments geht, in dem das “right to keep and bear arms” festgeschrieben ist – treue Interpretation in diesem Fall heißt übrigens nicht “das Recht Waffen zu besitzen, die im Jahr 1791 existierten.” Auch sonst versucht der Marktanarchist in seinem Wahlprogramm den Begriff Freiheit (Freedom/Liberty) für sich zu Vereinnahmen. Freedom in seiner Interpretation ist die Abwesenheit von (Bundes)Regierung und Regulierungen, wenn es etwa um Bundessteuern, um Transferleistungen oder um das Recht von Unternehmen geht sich finanziell in Wahlen einzubringen. Während andere Liberterianer auch in gesellschaftspolitischen Fragen, wie LGBT Ehen, Immigration und Abtreibung, Freiheit des/r Einzelnen in den Vordergrund rücken, pocht Paul hier nicht auf Freiheit: die Wahlfreiheit einer Frau eine Schwangerschaft abzubrechen, will er doch mit “big government” einschränken und das 14. Amendment, das StaatsbürgerInnenschaft bei Geburt feststellt, ist  nicht so sehr in Stein gemeisselt, wie das 2.

Auch Mitt Romney stellt “Regulation” mit “Red Tape” (übersetzbar mit Amtsschimmel oder den Mühlen der Bürokratie) gleich. Damit meint er etwa das Finanzmarktregulierungs- und Konsumentenschutzgesetz Dodd-Frank oder Umweltschutzgesetze, bei denen geklärt werden muß  ”that environmental laws properly account for cost in regulatory process.” Von allen Kandidaten greift er Obama am direktesten an. Jedes Kapitel seines Wahlprogramms beginnt mit einem Absatz zu “Obama’s Failure” bevor er “Mitt’s Plan” skizziert. Obwohl das Gesetz, das er in Massachusetts durchgesetzt hat, dem Obama’s in vielen Bereichen gleicht – etwa bei der umstrittenen Pflicht, Versicherung zu kaufen –  kritisiert er den Präsidenten und verlangt Ersatz “with market-based reforms that empower states and individuals and reduce health care costs.” Sein impliziertes Argument: Staaten haben die Macht, ihre BürgerInnen verpflichten, aber nicht die Bundesregierung.

Die Pick of The Week Ron Paul’s, Mitt Romney’s und Newt Gingrich’s Wahlprogramme.

Die Wahlprogramme der anderen KandidatInnen finden sich hier:

(1) Wer bei unserem Gewinnspiel mitmacht, sollte beim Tippen bedenken, dass Iowa Caucuses sind, also Versammlungen und keine Wahlen. Umfragen sind also nur Orientierungshilfen im Endeffekt geht es um Organisationsgrad.

Dieser Beitrag ist von Yussi Pick

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