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TechTuesday: Hey

Am 31. Dezember bekomme ich (und 13 Millionen seiner engsten Emailkontakte) ein Email von Barack Obama. Die Betreffzeile: “Hey” Das Email ist ähnlich knapp. In 18 Worten und einem Link erklärt mir der Kandidat, dass die Kampagnenfinanzierungsdeadline um Mitternacht wichtig ist. Wenn’s so wichtig ist, warum dann keine reisserische Betreffzeile, die mehr Menschen zum Öffnen bewegt? Ganz einfach: Die Betreffzeile hat bereits bevor ich sie bekommen habe, die meisten Menschen zum Öffnen des Emails bewegt.

Heute im TechTuesday: A/B Testing.

Ja, selbst Emailbetreffzeilen sind datengetrieben. Bevor die Kampagne diesen letzten Spendenaufruf des Jahres an die gesamte Liste geschickt hat, wurde er getestet. Es wurden mindestens zwei Emails mit unterschiedlichen Betreffzeilen geschickt: “Hey!” war die Eine, “It matters” (oder etwas ähnliches) die Andere. Die beiden Emails wurden an zwei möglichst identische Gruppen (gleich groß, gleiche Demographie, SpenderInnenhistorie, Openrate, etc) am Vormittag des 31.12. verschickt. Dann wurde gewartet. Nach ein paar Stunden war klar, welche Betreffzeile mehr Menschen zum Öffnen des Emails bewegte. Gegen Mittag war das Email mit dem Siegessubject in meiner Mailbox (1). Es ist anzunehmen, dass noch andere Dinge getestet worden sind, etwa der Text oder die Bildauswahl (gewonnen hat: kein Bild), doch immer nach demselben System: Zwei Variablen werden ausgetauscht, der Rest bleibt ident, um sicher zu gehen, dass kein anderer Faktor das Ergebnis beeinflusst.

Die Möglichkeit zu testen gehört zu den größten Vorteilen von Onlinekommunikation. Wer es schafft, ein Zitat in einer Zeitung zu platzieren, weiß gerade einmal, wie hoch die Auflage der Zeitung war (auch das nicht immer). Niemand kann sagen, wie viele Menschen den Artikel gelesen haben, das Zitat registriert haben oder in irgendeiner Form reagiert haben. Wer das selbe Zitat online stellt weiß nicht nur ganz genau, wie viele Menschen das Zitat gesehen haben, sondern auch wie viele (und oft auch wer) darauf reagiert hat (Kommentare, Likes, Retweets, Forwards, etc.). Kluge Organisationen machen sich diesen Vorteil zu nutze und lernen aus diesen Zahlen was funktioniert und was nicht. Stimulus-Response heißt das in der Psychologie.

Doch testen geht nicht nur online, wie die ersten beiden TV Spots von Obama beweisen. Aufmerksame LeserInnen erinnern sich an unseren Arikel:

Dass Obama nicht die Nummer vorliest, sondern SeherInnen dazu aufruft, die “number on the screen” anzurufen, lässt darauf schließen, dass es eine Reihe unterschiedlicher Ads mit unterschiedlichen Nummern gibt. Auch die beiden Ads haben zwei unterschiedliche Nummern. Dem Grund dafür müssen wir einmal einen eigenen Post widmen.

Auch diese Ads waren große A/B Tests: Selbe Kameraeinstellung, Hintergrundmusik, selbe Länge. Der Text als Stimulus, die Telefonnummer als Responsemessung. Wieder werden die unterschiedlichen Texte nicht das einzige Getestete gewesen sein: Sendezeit, Sendeplatz, Sender – alles mit unterschiedlichen Nummern.

Und weil guten Beispiele drei sind, hier noch ein Video, das zeigt, wie die Obama 2009 Nachfolge Organisation Organizing for America vier unterschiedliche Splashpages A/B testet:

UPDATE: Ein Blog machte sich die Mühe, unterschiedliche Versionen desselben Emails zu sammeln und demographisch zu analysieren. Spannende Geschichte:   http://www.propublica.org/special/message-machine-you-probably-dont-know-janet

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(1) Natürlich ist es – theoretisch – nicht auszuschließen, dass ich Teil der Testgruppe war.

Dieser Beitrag ist von Yussi Pick

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2 Rückmeldungen zu “TechTuesday: Hey”

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  1. [...] Acceptance Speech hält, ist der Field Wahlkampf eröffnet. Online kann vieles: Daten sammeln, Spenden sammeln, Überzeugung bekunden, Menschen vernetzen. Doch großflächig Menschen überzeugen, das kann eines [...]

  2. [...] kann, investieren beide Seiten nach wie vor eine Menge Energie in diesen Wahlkampf-Kanal. Wie die Kollegen auf usa2012.at in einem Beitrag sehr schön dargestellt haben, erforscht zumindest das Obama-Team sogar, welche Betreffzeilen mehr Leute dazu bringen, eine Mail [...]


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