Strategy Sunday: Frauenstimmen

Für Machos, die geglaubt haben, nach dem Verklingen der feierlichen Reden zum Weltfrauentag erleichtert aufatmen zu können, haben wir eine schlechte Nachricht: Frauen stellen nicht nur eine Mehrheit der Bevölkerung, sie entscheiden auch Wahlen. Die Präsidentschaftswahlen in den USA sind das beste Beispiel dafür.

Barack Obama weiß, wie wichtig Frauen sind. Keine andere Gruppe hat so viel Einfluss darauf, ob der Amtsinhaber im November bestätigt wird. Denn Frauen stellen in den USA nicht nur eine Mehrheit der Wahlberechtigten, sie zeichnen sich auch durch eine höhere Wahlbeteiligung aus und tendieren überdies eher zu den Demokraten als zu den Republikanern.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2008 wählten 56 % der Frauen Obama, aber nur 49 % der Männer. Damit übertraf er sogar das 1996er-Wahlergebnis von Bill Clinton, der damals von 54 % der Frauen und nur 43 % (!) der Männer gewählt wurde, was einen rekordverdächtigen „Gender Gap“ von 11 % bedeutet. Anders gesagt: Der Wahlerfolg Obamas baut maßgeblich auf der Zustimmung von Frauen auf.

Obama hat die amerikanischen Wählerinnen allerdings nicht so sicher auf seiner Seite, wie man(n) angesichts seiner konservativen Herausforderer annehmen könnte. Sein größtes Problem sind dabei vor allem weiße Frauen, die er schon 2008 nicht mehrheitlich für sich gewinnen konnte – was sich mit einem Gender Gap von 7 % zugunsten von John McCain und Sarah Palin niederschlug.

Die Angst vor den Hockey Mums

Ein kurzer Rückblick: 2008 setzte sich Barack Obama bei den demokratischen Vorwahlen einigermaßen überraschend gegen Hillary Clinton durch, der große Chancen eingeräumt wurden, die erste Frau an der Spitze der USA zu werden. Viele demokratische Wählerinnen haderten damit, dass ihre Kandidatin nicht nominiert worden war – was sich noch verstärkte, als sich Obama dafür entschied, gemeinsam mit einem Mann, Joe Biden, ins Rennen zu gehen.

In diesem Klima war es ein genialer Schachzug der Republikaner, eine Frau als Vizepräsidentschaftskandidatin zu nominieren. Es war der große Auftritt der Sarah Palin. Als „Hockey Mum“ (einer etwas moderneren – und v. a. auch berufstätigen Variante der soccer mum) verkörperte sie einen Lebenstil, mit dem sich viele Wählerinnen – insbesondere aus den Vororten und dem ländlichen Raum der USA – identifizieren konnten. Kurz sah es so aus, als könnten die Republikaner dank Sarah Palin doch noch das Rennen machen. Nach einigen peinlichen Interviews und feminismuskritischen Ansagen, die gerade frauenpolitisch motivierte Wählerinnen verschreckten, verblasste der Palin-Effekt allerdings rasch. Die Unzufriedenheit mit dem politischen Erbe der Ära George W. Bush erledigte den Rest und Obama wurde gewählt. Aber nicht wegen, sondern trotz Palin.

Die „Contraception Controversy“ als wichtiger Wendepunkt?

Frauen sind nämlich keine „single issue“-Wählerinnen, die ihre Entscheidung vor allem an frauenpolitischen Inhalten ausrichten (auch wenn der Anteil dieser Gruppe wächst). Meinungsumfragen in den USA zeigen vielmehr, dass Frauen in vielen Fragen die gleiche Meinung wie Männer haben. Auch bei ihnen steht z. B. die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ganz oben auf der politischen Prioritätenliste – weshalb ihre Zustimmung zu Obama maßgeblich von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängt. Es gibt aber auch relativ konstante Unterschiede zwischen den Geschlechtern: So sind Frauen deutlich skeptischer, wenn es um Kriegsbeteiligungen geht, und durchgängig offener, was staatliche Maßnahmen im Sozial- und Gesundheitsbereich betrifft.

Gerade in diesen Bereichen muss Obama punkten und einige Ereignisse der jüngeren Vergangenheit – Stichwort: „Contraception Controversy“ – helfen ihm dabei. (Da diese Geschichte etwas mehr Hintergrundwissen erfordert, habe ich sie in einem eigenen Artikel zusammengefasst.)

Obamas Stellungnahme in seiner jüngsten White House Press Converence ist ein Beleg dafür, dass er das Rennen um die Stimmen der Frauen bereits eröffnet hat. Mit seinen Ansagen zur sozialen Absicherung des Mittelstands möchte und muss er auch skeptische Wählerinnen ansprechen, die von den rabiat-religiösen Rechten auf Seiten der Republikaner abgeschreckt werden:

Wenn diese Botschaft ankommt (dafür muss auch die Entwicklung des Arbeitsmarkts in den USA mitspielen), hat Obama gute Chancen, wieder die Mehrheit der Wählerinnen zu gewinnen und sich damit eine zweite Amtszeit zu sichern. Gelingt es ihm nicht, die Frauen von seiner Politik zu überzeugen, stehen seine Chancen auf eine Wiederwahl schlecht.

P. S.: Eine wichtige Rolle in diesem Match spielen natürlich auch die Ehefrauen der Bewerber um das Amt des US-Präsidenten. Diesem Thema werde ich mich allerdings erst dann widmen, wenn der Herausforderer von Barack Obama feststeht.

Dieser Beitrag ist von Stefan Bachleitner

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3 Rückmeldungen zu “Strategy Sunday: Frauenstimmen”

  1. Alex sagt:

    Wobei bei der letzten Wahl Michelle Obama sicher auch eine überwältigende Rolle im Kampf um Frauenstimmen gespielt hat. Sie war in ihrer Rolle als Ehefrau des Front-Runners überdurchschnittlich präsent!

  2. CEEA sagt:

    Die Wahlen in der USA sind (leider) entscheidend für die ganze Welt.
    Bis jetzt hat Obama NICHT geschafft, u.a. Guantanomo zu schließen, komplett aus dem Irak abzuziehen, in Afghanistan Frieden zu bringen.
    Die nächsten Krisenherde sind kurz vorm Siedepunkt, Iran Israel und auch ein paar andere Länder sind hart an der Grenze des politisch korrekt.

    Es wird eine harte Zukunft für den Präsidenten. Denn so wie es aussieht, wird es diesmal keine Frau geben, oder?

Trackbacks / Pingbacks

  1. [...] Thema Frauengesundheit schon im Frühjahr heiß diskutiert wurde und die RepublikanerInnen damit in einer der wichtigen Gruppe im diesjährigen Wahlkampf Boden verloren haben, ist das trennende [...]


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