Strategy Sunday: Jobs

Dieser Freitag war kein guter Tag für US-Präsident Barack Obama. Am Beginn jedes Monats präsentiert das Bureau of Labor Statistics die Arbeitslosenzahlen des Vormonats – und die aktuellen Daten weisen für den Mai einen enttäuschenden Zuwachs von nur 69.000 Jobs aus. Damit ist die US-Arbeitslosenrate erstmals seit vergangenem Juni wieder gestiegen – von 8,1 auf 8,2 Prozent. Eine Steilvorlage für Mitt Romney?

Die neuen Zahlen machen nicht nur den Börsen Angst, sondern müssen auch dem Obama-Camp die Sorgenfalten auf die Stirn treiben. Denn vieles deutet darauf hin, dass in den nächsten sechs Monaten nicht jene rund 125.000 neue Arbeitsplätze pro Monat zu verzeichnen sein werden, die erforderlich wären, um die US-Arbeitslosenquote zumindest stabil zu halten.

Steigt die Arbeitslosigkeit weiter, verliert Obama einen entscheidenden Baustein für das Leitmotiv seiner Kampagne: Denn wo keine positive Entwicklung zu verzeichnen ist, wirkt sein „Forward“-Mantra ziemlich luftleer. Der designierte GOP-Kandidat Mitt Romney ließ es sich nicht nehmen, den Amtsinhaber daran zu erinnern: „The President’s re-election slogan may be ‘forward,’ but it seems like we’ve been moving backward. We can do so much better in America“, kommentierte er die schlechten Nachrichten.

Einer der stärksten „talking points“ des US-Präsidenten könnte nun zum Bumerang werden, denn im vergangenen Halbjahr hat die Obama-Kampagne konsequent auf die monatliche Arbeitsmarktstatistik der vergangenen Jahre verwiesen. Im Mittelpunkt stand dabei die folgende Grafik, mit der die positiven Auswirkungen von Obamas Wirtschaftspolitik anschaulich illustriert werden sollten:

Diese Darstellung von Obamas „jobs record“ (die optisch übrigens deutlich besser aussieht als die Entwicklung der Arbeitslosenquote) wurde zu einem wichtigen Argument seiner Kampagne, die zuletzt immer wieder darauf verwies, dass sich die US-Wirtschaft in den vergangenen dreieinhalb Jahren positiv entwickelt hat (und dabei nie vergaß zu erwähnen, dass der US-Präsident von seinem republikanischen Amtsvorgänger George W. Bush die schlimmste Wirtschaftskrise seit den 1930er-Jahren geerbt hat).

Obamas Reaktion

Mühsam versuchte Obama am Freitag den Bogen zu seiner Kampagnenbotschaft zu bekommen, indem er die aktuellen Zahlen wie folgt kommentierte: „The economy is growing again, but it’s not growing as fast as we want it to grow. Our businesses have created almost 4.3 million new jobs over the last 27 months, but as we learned in today’s jobs report, we’re still not creating them as fast as we want.“

Offensive Botschaften sehen anders aus. Es scheint, dass die Wiederwahlkampagne des US-Präsidenten noch kein konsistentes Konzept entwickelt hat, einen Wiederanstieg der Arbeitslosenraten in ihre Kommunikationsstrategie zu integrieren. Eine Aufgabe, die höchste Priorität haben sollte, denn bis zur Wahl im November stehen noch sechs monatliche Arbeitsmarktstatistiken auf dem Programm. Drei Ansätze scheinen bereits verfolgt bzw. ausgetestet zu werden:

Romneys große Chance

Alle diese Strategien können aber nicht verhindern, dass die neuen Zahlen Wasser auf die Mühlen von Obamas Herausforderer Mitt Romney sind, der mit seinem Fokus auf Wirtschaftsthemen goldrichtig zu liegen scheint. Schon vor der Bekanntgabe der jüngsten Arbeitsmarktdaten veröffentlichte das Romney-Camp in dieser Woche ein sehr emotionales Video, in dem die hohe Arbeitslosenrate dem US-Präsidenten angelastet wird:

Präsentiert wurde das Video zum Start des Webseite Obama Isn’t Working, die wohl als Gegenstück zur Romney Economics-Attacke der Obama-Kampagne wirken soll und den US-Präsidenten für die Arbeitsmarktmisere verantwortlich macht.

Eine Taktik, die durchaus erfolgsversprechend ist. Erstens, weil Mitt Romney bereits zum Beginn seiner Kampagne die Themen Wirtschaft und Arbeitslosigkeit in den Mittelpunkt seiner Kampagne gestellt hat und damit gut positioniert ist, um diese Auseinandersetzung für sich zu entscheiden. Zweitens, weil ein US-Präsident die Verantwortung für die wirtschaftliche Lage am Ende seiner Amtszeit nur schwer abstreifen kann. Und drittens, weil … nun ja, die US-Arbeitslosenraten steigen.

Das ist alles nur geklaut

Abschließend kann ich mir einen kleinen Exkurs nicht verkneifen. „Obama Isn’t Working“ ist nämlich die unverhohlene Kopie eines der erfolgreichsten Sujets der modernen Kampagnengeschichte (wie nicht zuletzt diese Grafik der Romney-Kampagne belegt). Mit dem 1978 von der damals noch relativ unbekannten Werbeagentur Saatchi & Saatchi entwickelten Slogan „Labour Isn’t Working“ wurde Margaret Thatcher Premierministerin des Vereinigten Königreichs. Hier das Original:

Das Sujet war übrigens ein Fake. Nicht nur, dass die vermeintliche Arbeitslosenschlange aus jungen Tory-Mitgliedern und deren Angehörigen bestand, das Bild musste sogar mühsam montiert werden, da zum Fototermin nicht genug Personen gekommen waren (wie ein interessanter Artikel über die Entstehungsgeschichte dokumentiert). Seine Wirksamkeit wurde dadurch aber nicht beeinträchtigt – der Slogan war einfach zu eingängig. Oder, wie man auf Englisch wohl sagen würde: „It was working.“

Dieser Beitrag ist von Stefan Bachleitner

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  1. [...] Arbeitslosigkeit in den USA erstmals seit dem Jänner 2009 (!) wieder unter acht Prozent. Ich habe hier bereits vor einiger Zeit geschrieben, wie kritisch die monatliche Arbeitslosenstatistik in diesem Wahljahr sein wird. Die vorletzte (und [...]


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