Strategy Sunday: Metaphern

Metaphern spielen in unserem Denken – und damit auch in der politischen Rhetorik – eine ungemein wichtige Rolle. Das weiß auch US-Präsident Barack Obama, der sich sichtlich darum bemüht, durch anschauliche Vergleiche aus dem Alltag komplexe Sachverhalte allgemein verständlich zu machen.

Ob wir „Schnecke“ sagen und den Autofahrer vor uns meinen, in der Zeitung lesen, dass Märkte „erleichtert“ reagieren oder das Wort „Wahlkampf“ verwenden – Metaphern sind aus unserem Sprachgebrauch nicht wegzudenken. Hinter allen diesen Wörtern stecken Bilder, die unser Denken strukturieren und daher einen großen Einfluss darauf haben, wie wir die Dinge sehen. Das macht Metaphern so bedeutsam für die politische Kommunikation.

Metaphors can kill

Der US-amerikanische, progressive Linguist George Lakoff brachte die Macht dieser Übertragungen in einem bemerkenswerten Artikel über den Irak-Krieg 2003 besonders drastisch auf den Punkt: „Metaphors can kill.“ Laut Lakoff denken wir Menschen in Metaphern – und das meist unbewusst, da wir weder die Metaphern noch die dahinter liegenden Denkmodelle als solche wahrnehmen.

Ein klassisches Beispiel dafür ist der Begriff „Steuererleichterung“. Das Wort ist inzwischen so gebräuchlich, dass wir die dahinter liegende Metapher (so wie bei dem Wort „Handschuh“) kaum noch wahrnehmen. Tatsächlich wird damit aber ein Bild transportiert, in dem Steuern eine schwere Last sind, die der Staat seinen BürgerInnen auf die Schultern drückt. Obwohl Steuern in der Realität kein Gewicht haben, wird eine „Steuererleichterung“ in diesem Frame immer als Befreiung von unnötigem Ballast gesehen.

Das Gemeine daran: Selbst wer erklärt, gegen eine Steuererleichterung zu sein, verstärkt durch die Verwendung dieses Begriffs die Wahrnehmung, dass Steuern eine Belastung darstellen. Solange dieser Bezugsrahmen nicht verlassen wird, werden „Steuererleichterungen“ eher als positive Maßnahme betrachtet – selbst wenn sie zur Konsequenz haben, dass damit Staatsschulden steigen oder staatliche Leistungen eingespart werden müssen. (Ein Ansatz, aus dieser Diskursmetapher auszusteigen, ist übrigens das Wort „Steuergeschenke“.)

Obamas Restaurantrechnung

Kein Wunder also, dass wir auch im US-Wahlkampf unzählige Metaphern finden. So hat Barack Obama, wie nicht nur die New York Times berichtete, vorletzten Dienstag ein neues Bild für eine zentrale Botschaft seiner Kampagne präsentiert. Obama vergleicht darin das von seinem republikanischen Amtsvorgänger geerbte Budgetdefizit mit einer teuren Restaurantrechnung, auf der man sitzen bleibt, wenn sich die anderen Gäste frühzeitig verabschieden:

„It’s like somebody goes to a restaurant, orders a big steak dinner, martini, all that stuff. And then, just as you’re sitting down, they leave, and accuse you of running up the tab! That’s what they do! I am not making this up!“

Seine Wortwahl folgt dabei einem stimmigen Konzept, schließlich kritisiert das Obama-Camp den „Martini Lifestyle“ von Mitt Romney nicht erst seit gestern und blutige Steaks gehören zur republikanischen BBQ-Kultur wie knusprige Stelzen zum Schweizerhaus.

Die Fans des US-Präsidenten applaudierten lautstark für diesen bildhaften Vergleich, schließlich liefert er ihnen damit eines jener begehrten, eingängigen „Pieces of Conversation“, mit denen man selbst beim gemeinsamen Bier nach einem Pistolentraining der National Rifle Association in San Antonio, Texas, argumentativ überleben kann. Ob diese Metapher allerdings auch von den stark umkämpften middle class-WechselwählerInnen in swing states übernommen wird, wird sich allerdings erst zeigen.

Car in the ditch

Vor den midterm elections 2010 verwendete Obama für das gleiche Thema eine andere Metapher, die er in zahlreichen Reden einbaute und als „car in the ditch“-Vergleich bekannt wurde. Darin bezichtigte er die Republikaner, „das Auto in den Straßengraben“ gefahren zu haben. Während er den Wagen mühsam zurück auf die Straße gezogen hätte, wären sie „Slurpees“ schlürfend am Straßenrand gestanden – um danach die Autoschlüssel zurück haben zu wollen. Hier ein Video dieser Redepassage:

Der auch von CNN auf die Schippe genommene Vergleich dürfte damals nicht sonderlich gut gegriffen haben, schließlich verloren die Demokraten bei den midterm elections 2010 ihre Mehrheit im Repräsentantenhaus. Mal sehen, ob Obama mit seiner Restaurantrechnung mehr Glück hat …

Dieser Beitrag ist von Stefan Bachleitner

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