Analyse: It’s a tax!

“You can’t win June but you certainly can lose it” ist eine politische Bauernregel, die meist Clinton Berater Paul Begala zugerechnet wird. Und so lässt sich auch die Situation rund um die Health Care Entscheidung beschreiben. Es wäre absurd zu behaupten, es wäre besser gewesen, hätte der Court das Gesetz aufgehoben, doch die GegnerInnen der Gesundheitsreform sind jetzt wieder energetisiert.

Die Woche hätte schlechter enden können. Anfang der Woche hatten wir die Fronten, an denen Obama gerade kämpft beschrieben, allen voran die Debatte der Gesundheitsreform vor dem Obersten Gerichtshof. Da fünf der neun RichterInnen von Republikanischen Präsidenten nominiert wurden und der Court in den letzten Entscheidungen (-> Citizens United) sehr konservativ gehandelt hat, waren die Erwartungen der Health Care BefürworterInnen gering. Just Chief Justice Roberts war es, der das Zünglein an der Wage war – Pundits waren davon ausgegangen, dass wenn einer, dann Justice Kennedy die Swing Vote sei.

Das Urteil hat für beide Seiten Vor- und Nachteile. Das Urteil hing wie ein Damoklesschwert über dem Präsidenten. Zwar hat Obama mehr vorzuweisen als nur dieses Gesetz, doch Mitt Romney hatte bereits den Boden für das Argument bereitet, Obama hätte 3 1/2 Jahre seiner Präsidentschaft für eine verfassungswidrige Reform verschwendet. Obama konnte ab dem Zeitpunkt, wo das Gesetz vor dem Gerichtshof landete, nicht mehr so enthusiastisch und selbstbewusst über die Vorzüge der Reform sprechen. Jetzt kann er das wieder – daher ist es nicht überraschend, dass neue und alte Grafiken, wie unser Artikelbild, die die Benefits der Reform beschreiben (wieder) im Netz geteilt werden.

Sofort nach der Verkündung, das individual mandate sei als Steuer zu verstehen, gruben die RepublikanerInnen ein Video des Präsidenten aus, in dem er sich gegen genau dieses Sentiment wehrt. RepublikanerInnen konnten sich dementsprechend vom Urteil bestätigt fühlen, dass Obamacare ein “huge tax burden” on the “middle class” sei. Das ist natürlich eine bewusste Misinterpretation des Spruchs, denn die “Verpflichtungssteuer” tritt nur bei Verweigerung des Kaufs in Kraft, wenn man nicht beweisen kann, dass man sich Versicherung nicht leisten kann.

Mitt Romney muss seine Argumentationslinie leicht abändern: Egal ob verfassungskonform oder nicht, “I’ll repeal and replace Obamacare.” Dieser Schlachtruf “Repeal and Replace” erlebt jetzt eine Renaissance bei RepublikanerInnen. Eine symbolische Abstimmung darüber im republikanisch dominierten House ist bereits in zwei Wochen angesetzt – ohne Aussicht auf Erfolg, denn die Mehrheit im Senat ist noch immer von den DemokratInnen. Und selbst wenn der Senat im Herbst die Farbe wechselt, die notwendigen 60 Stimmen um einen Fillibuster zu brechen werden die RepublikanerInnen nicht haben. Das Gesetz ist also sicher. Noch dazu kommt, dass die Vorzüge des Gesetzes ab 2013 greifbar werden und es für die RepublikanerInnen schwierig wird, bestehende Verbesserungen und Services wieder abzuschaffen. Denn so laut manche AmerikanerInnen gegen Regierungsservices argumentieren, sobald die in den Vorzug davon kommen, schwindet die Abneigung. Viele Umfragen zeigen, dass bereits jetzt die einzelnen Verbesserungen der Reform beliebt sind und auch Mitt Romney hat in seiner Rede gleich nach dem Urteil angekündigt, einzelne Verbesserungen der Reform zu behalten (to be fair: er sprach davon, Verbesserungen, die in Obamacare existieren, einzuführen – worüber sich Jon Stewart natürlich sofort mokiert hat).

Romney lehnt sich in dem Bereich weit aus dem Fenster, schließlich war er es, der eine ähnliche Reform in Massachusetts durchgepeitscht hatte, woran die liberale Judge Bader-Ginsberg in ihrem Urteilskommentar erinnert:

“By requiring most residents to obtain insurance…the Commonwealth ensured that insurers would not be left with only the sick as customers. As a result, federal lawmakers observed, Massachusetts succeeded where other States had failed.”

Am Ende kann jener Kandidat das Urteil besser für sich nutzen, der es schafft die Emotionen, die gestern entfesselt wurden bis zum Wahltag am Leben zu erhalten. Den Juni verloren hat Obama aber definitv nicht.

Dieser Beitrag ist von Yussi Pick

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