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Strategy Sunday: Guerilla Campaigning

Guerilla Campaigning zielt darauf ab, mit möglichst geringem Aufwand eine maximale (Medien-)Wirkung zu erzielen – bevorzugt, indem man Aktivitäten des politischen Gegners kapert. Das ist nicht besonders fein, oft sehr riskant, aber manchmal auch erstaunlich effektiv.

Beinahe schon ein Klassiker des Guerilla Campaignings ist „Chicken George“, ein Mann in einem riesigen Hühnerkostüm, der 1992 eine zeitlang jeden öffentlichen Auftritt von George Bush begleitete – sehr zum Gaudium der Medien.

Das schwer zu übersehende Riesenhuhn verunglimpfte den Amtsinhaber als „chicken“, sprich: Feigling, da dieser lange nicht bereit war, einer TV-Diskussion mit seinem Herausforderer Bill Clinton zuzustimmen. Dabei positionierte es sich bevorzugt an Plätzen, wo Kameras und Medienleute in der Nähe waren, die überdies mit gegrillten Hühnern verköstigt wurden. Am Ende war Bush offensichtlich genervt von dieser – ansonsten vollkommen friedlichen – Störaktion. Und das flauschige Federvieh hatte es tatsächlich geschafft, sein Image anzukratzen.

Wie sich später zeigte, stand hinter dieser (verdeckt durchgeführten) Operation die Kampagne von Bill Clinton. Auch große NGOs wie z. B. die Umweltschutzorganisation Greenpeace, die mit dem Hijacking eines Werbespots von Nestlé für Aufsehen sorgte, haben die Macht des Guerilla Campaignings längst erkannt. Noch viel häufiger setzen aber kleinere AktivistInnengruppen, die über keine oder nur wenig Mittel verfügen, auf derartige Instrumente. Im Mittelpunkt stehen dabei meist simple, aber auffällige (Stör-)Aktionen, mit denen sie auf ihr Anliegen aufmerksam machen.

„Glitter bombing“

In diese Kategorie fällt auch eine neue Protestform made in USA, die in der heurigen Wahlsaison noch öfter für Schlagzeilen sorgen könnte: „Glitter bombing“. Dabei bewerfen AktivistInnen jene Person, gegen deren Ansichten sie protestieren, mit – richtig geraten – Glitter. Ziel solcher Aktionen, die häufig vom Ruf „Stop the hate, take the rainbow“ begleitet werden, sind vorrangig erklärte GegnerInnen der gleichgeschlechtlichen Ehe. In der Praxis sieht das dann so aus:

Newt Gingrich ist beileibe nicht das einzige Opfer dieser Aktionsform. Auch Mitt Romney, Rick Santorum und Ron Paul haben bereits Bekanntschaft mit dem Glitterregen gemacht.

Angriff auf die Meinungsfreiheit?

So originell diese Protestform im ersten Moment wirken mag, so umstritten ist sie inzwischen auch. „Glitter bombing“ wird nicht nur von den Opfern solcher Aktionen als tätlicher Angriff auf die Meinungsfreiheit verurteilt, auch unter den ursprünglichen SympathisantInnen gibt es inzwischen kritische Stimmen.

Konnten die Glitzerattacken aufgrund ihrer ungewöhnlichen und irritierenden Erscheinungsform anfangs noch als „Tactical frivolity“ betrachtet werden, wirken manche dieser Aktionen eher aggressiv als humorvoll – was ja auch bereits im Wort „bombing“ mitschwingt. Kein Wunder, dass sich inzwischen auch der Secret Service mit diesem Phänomen befasst.

Zweischneidige Taktik

Guerilla Campaigning birgt eben auch ein hohes Risiko in sich. Wird eine Aktionsform als unangemessen, unfair oder bedrohlich betrachtet, kann sie das Gegenteil von dem bewirken, was beabsichtigt wurde. Ob das „Glitter bombing“ letztlich dem damit verbundenen Anliegen dient, ist – insbesondere, wenn es sich nicht in einer leichtere, humorvollere Richtung weiterentwickelt – eher fraglich. Aus medientechnischer Sicht ist es dennoch als erstaunlich wirksame Taktik zu betrachten, mit der es Einzelpersonen ohne nennenswerten Aufwand gelingt, ihren Protest in die Abendnachrichten zu bringen.

Ein zweischneidiges Schwert bleibt Guerilla Campaigning aber letztlich immer, schließlich bewegt es sich oft nicht nur moralisch, sondern auch rechtlich auf dünnem Eis. So wird sich noch zeigen, ob dem „Glitter bombing“ bald mit rechtlichen Mitteln begegnet wird. Nach manchen Einschätzungen könnte ein derartiger Übergriff mit bis zu sechs Monaten Gefängnis geahndet werden. Bislang ist noch kein Vorfall dokumentiert, in dem es zu einer Verurteilung gekommen wäre – doch das ist wohl nur eine Frage der Zeit.

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Santorums Hattrick

Rick Santorum ist der große Gewinner des gestrigen Abends: Mit einem überraschenden Hattrick gewinnt er die Primaries in Minnesota und Colorado sowie die unverbindliche „Beauty Contest“-Vorwahl von Missouri. Eine erste Analyse.

Wieder einmal hat sich in diesem Vorwahlrennen gezeigt, wie schnell sich das Blatt wenden kann. Eben noch sah es so aus, als könnte Mitt Romney seine Favoritenrolle (nach einem klaren Sieg in Nevada) etwas absichern, da macht ihm Rick Santorum einen Strich durch die Rechnung.

Der Erfolg Santorums in Minnesota, wo dem Darling der Evangelikalen in den Umfragen gute Chancen auf einen Sieg eingeräumt wurden, hätte Rommey für sich genommen kaum weh getan. Auch Santorums Triumph in Missouri wäre für ihn verschmerzbar gewesen, immerhin handelt es sich dabei nur um eine unverbindliche Abstimmung – der eigentliche Caucus steht erst am 13. März auf dem Programm.

Wirklich hart ist für die Romney aber die Niederlage in Colorado, da er damit auch im sicher geglaubten Westen der USA seine Vewundbarkeit gezeigt hat. Darüber hinaus wird sein Problem im Mittleren Westen – einer Region mit vielen wichtigen swing states – immer sichtbarer. Mit Minnesota, Iowa und Missouri hat Santorum dort nun klar die Nase vorne.

Romneys Siegerimage ist jedenfalls stark angekratzt. Der Analyst Howard Fineman brachte sein Problem auf den Punkt: „He may be inevitable, but he’s the weakest inevitable that I have seen.“ Romney kann sich nun lediglich damit trösten, dass Santorum für seinen bislang stärksten Gegenspieler, Newt Gingrich, ein weitaus größeres Problem darstellt und ihm die Teilung des ultrakonservativen Lagers letztlich sogar dabei helfen könnte, die republikanische Nominierung zu holen.

Bad News for Newt

Santorums gutes Abschneiden ist vor allem für Newt Gingrich eine sehr schlechte Nachricht. Dessen Versuch, sich als konservativer Herausforderer Romneys zu etablieren, erhielt gestern einen schweren Dämpfer. Wenn Gingrich nicht bald wieder punkten kann, könnte Santorum – der sich den Republikanern als wohl temperierten Mittelweg zwischen dem „hitzigen“ Gingrich und dem „unterkühlten“ Romney verkauft – ihm glatt den Rang als „Anti-Romney“ ablaufen. Jedenfalls muss sich Gingrich nun darauf einstellen, dass er Santorum in diesem Rennen nicht so bald los wird. Angesichts der Tatsache, dass seine Kampagne organisatorisch und finanziell auf eher wackeligen Beinen steht, ein unerfreuliche Aussicht für Newt – denn in einem Dreikampf könnte ihm rasch die Luft ausgehen.

Über diese Konstellation kann sich auch Ron Paul freuen, da er über eine stabile Basis verfügt, mit der er fast überall ein wenig mitmischen kann. Er profitiert davon, wenn das Vorwahlrennen möglichst lange dauert und das Kandidatenfeld weiterhin so zersplittert bleibt. Und daran scheint sich bislang nichts zu ändern …

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Im Westen nichts Neues

Die vergangene Woche endete nach dem Drehbuch des Kampagnenteams von Mitt Romney. Mit seinem klaren Sieg in Nevada unterstrich Romney seine Favoritenrolle im Rennen um die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Ein Ausblick auf die nächsten Stationen …

Nevada war ein Pflichtsieg für Mitt Romney, schließlich konnte er hier bereits 2008 – nicht zuletzt aufgrund des großen Anteils mormonischer WählerInnen – die Vorwahl deutlich für sich entscheiden. Dennoch war der „Silver State“ in mehrfacher Hinsicht wichtig für seine Kampagne. Als erster Kandidat in diesem bislang höchst volatilen Rennen konnte er zwei direkt aufeinanderfolgende Wahlen klar für sich entscheiden. Romney hat gezeigt, dass er im Westen punkten kann und hatte erstmals in einem Bundesstaat auch bei den Anhängern der Tea Party die Nase vorne.

In dieser Position der Stärke fand Romney wieder zum Drehbuch seiner Kampagne zurück und konnte sich darauf konzentrieren, Obama die Verantwortung für die schlechte Wirtschaftslage und die hohe Arbeitslosigkeit im Land zu geben. Und Nevada, ein stark von der Wirtschaftskrise betroffener Bundesstaat, bot ihm dafür die richtige Kulisse.

Colorado und Minnesota

Schon in weniger als 48 Stunden könnte Romney sein Siegerimage weiter ausbauen. Immerhin steht morgen mit Colorado gleich noch ein Bundesstaat aus dem Westen der USA auf dem Vorwahlkalender – und laut den jüngsten Umfragen führt Romney dort deutlich.

Einen Strich durch die Rechnung könnte ihm lediglich Minnesota machen, wo Rick Santorum gute Chancen eingeräumt werden, als Sieger über die Ziellinie zu gehen. Sollte das der Fall sein, könnte die für Romney unangenehme Diskussion ausbrechen, ob er auch im Mittleren Westen punkten kann – schließlich ist diese Region mit ihren zahlreichen „swing states“ mit wahlentscheidend.

Es dürfte jedenfalls nicht die beste Woche für Newt Gingrich werden, dem weder in Colorada noch in Minnesota Chancen auf einen Sieg eingeräumt werden. Und in einem der seltsamsten Urnengänge dieser Saison – dem morgigen „Beauty Contest Primary“ von Missouri – steht er nicht einmal zur Wahl.

Missouri: Beauty Contest Primary

Während der eigentliche Caucus in Missouri (übrigens ebenfalls im Mittleren Westen gelegen) erst im März ansteht, wird am Dienstag eine unverbindliche Vorwahl abgehalten. Hintergrund dieser seltsamen Konstruktion ist die Rangelei um einen möglichst frühen Platz im Vorwahlkalender, der dem Votum eines Bundesstaats im Regelfall mehr Relevanz verleiht. Während New Hampshire, South Carolina, Florida, Michigan und Arizona für einen frühen Termin eine Halbierung ihrer Delegierten in Kauf genommen haben, entschied sich Missouri für einen statutenkonformen Weg.

Es wird sich zeigen, wie groß die Bedeutung dieser riesigen Meinungsumfrage sein wird, es ist aber schon jetzt klar, dass Newt Gingrich davon nicht profitieren wird, da er (im Gegensatz zu bereits ausgeschiedenen Kandidaten wie Rick Perry oder Herman Cain) nicht auf dem Stimmzettel stehen wird.

P.S.: Auf vielfachen Wunsch haben wir jetzt auch einen Überblick über die Vorwahltermine und -ergebnisse auf unserer Webseite.

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Strategy Sunday: Framing

Objektiv betrachtet, mag es egal sein, ob ein Glas halb voll oder halb leer ist. Doch im politischen Diskurs macht es einen großen Unterschied.

Wer das politische Geschehen aufmerksam verfolgt (und dabei unterschiedliche Quellen vergleicht), hat sicherlich schon oft bemerkt, wie unterschiedlich manche Ereignisse oder das Verhalten einiger AkteurInnen interpretiert werden können.

So sind manche Veränderungen für die einen „viel zu drastisch“, während sie anderen „nicht weit genug“ gehen. Was eine Regierung oft als „großen Fortschritt“ verkauft, wird von der Opposition regelmäßig als „Rohrkrepierer“ gebrandmarkt. Und auch das Verhalten eines Kandidaten, der z. B. nicht zu kantigen Ansagen neigt, kann entweder als „bedächtig“ oder auch als „feig“ gedeutet werden. Welches Bild sich letztlich (in den Massenmedien und den Köpfen der WählerInnen) durchsetzt, ist maßgeblich davon abhängig, wer den besseren Deutungsrahmen liefert.

Der Versuch, diesen Rahmen zu beeinflussen, wird als „Framing“ bezeichnet – und gerade in einem Wahlkampf kommt diesem Bemühen eine große Bedeutung zu. Vor allem in einer Hinsicht: Wer den Rahmen vorgibt, „worüber“ die WählerInnen bei einer Wahl abstimmen, beeinflusst letztlich auch „für wen“ sie sich entscheiden. Die Präsidentschaftswahlen in den USA bieten zahlreiche Beispiele dafür.

It’s the economy, stupid

1992 galt der amtierende US-Präsident George H. W. Bush als nahezu unschlagbar, fielen doch ein rasch gewonnener Golfkrieg und die Beendigung des Kalten Krieges in seine erste (und letzte) Amtszeit. Bush präsentierte sich als Architekt einer neuen Weltordnung, doch mit der Formel „It’s the economy, stupid“ gelang es seinem Herausforder Bill Clinton, die Wahl zu einer wirtschafts- statt einer außenpolitischen Entscheidung werden zu lassen – und Bush damit an seinem wunden Punkt zu treffen.

Day one, job one.

Auch die Kampagne Mitt Romneys zielt darauf ab, die kommende Wahl zu einer Urabstimmung über die Wirtschaftspolitik Obamas zu machen. Eine naheliegende Strategie, machen doch zahlreiche Analysen Obamas Wiederwahlchancen von der Entwicklung des Arbeitsmarkts abhängig (so hält z. B. Nate Silver 150.000 neue Jobs pro Monat für Obamas „magische Zahl“ in diesem Jahr). Romney wirft Obama vor, die hohe Arbeitslosigkeit mitverursacht zu haben – und versucht, sich als „job creator“ zu präsentieren, der den amerikanischen Wirtschaftsmotor wieder in Gang bringen wird. 

„Choice“ vs. „Referendum“

Die Kampagne von Barack Obama hat sich bereits frühzeitig auf Romney als Gegenkandidaten eingestellt und weiß, wie gefährlich ein Referendum über seine erste Amtszeit dem Präsidenten werden kann. Darum konzentriert sie sich darauf, die Wahl als „choice“ zwischen zwei unterschiedlichen Konzepten darzustellen. Auf der einen Seite sieht Obama eine „faire Wirtschaft“ (für die er zuletzt einen Steuerplan vorgestellt hat), auf der anderen Seite die Gefahr einer Rückkehr zu jener Politik, die letztlich zur Wirtschaftskrise geführt hat.

Wie im obigen Video richtig vorhergesagt wurde, hat Obama diesen Gegensatz in seiner jüngsten Rede zur Lage der Nation bereits deutlich herausgearbeitet – ein Motiv, das in den kommenden Monaten wohl ein Mantra seiner Kampagne werden wird.

Obama folgt damit einem Drehbuch seines Vorgängers Georg W. Bush, der aus den Fehlern seines Vater gelernt hatte. Konsequent stellte Bush den Gegenspieler seiner Wiederwahlkampagne, John Kerry, als Bedrohung für die Sicherheit und das Wertesystem der USA dar, indem er ihn zum „Massachusetts moderate“ stempelte. Trotz schwächelnder Zustimmungsraten konnte er dadurch das Lager seiner Anhänger erneut mobilisieren. Eine Ironie der Geschichte, dass nun Newt Gingrich das Etikett „Massachusetts moderate“ im harten republikanischen Vorwahlkampf gegen Mitt Romney verwendet – und es Obama damit etwas leichter macht, seinen „Frame“ zu setzen.

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USA2012.at im Radio

Heute widmete die Ö1-Sendereihe „Digital.Leben“ unserem Blog einen Beitrag. Barbara Zeithammer interviewte dafür Yussi Pick und mich (Stefan Bachleitner) – und ich hoffe, wir konnten ein wenig erklären, warum wir uns in jeder freie Minute mit den US-Wahlen beschäftigen. „Digital.Leben“ – hier zum Nachhören.

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Mitt Romney: „I’m Not Concerned About The Very Poor“

Einem Millionär wie Mitt Romney wird gerne vorgeworfen, die Bedürfnisse der einfachen Bevölkerung nicht zu verstehen. Doch er selbst trägt am meisten dazu bei, diesen Ruf zu untermauern: Jedes Mal, wenn er über arme Menschen spricht, halten seine Berater die Luft an.

Und wieder ist es ihm passiert. Mitt Romney hat CNN nach den für ihn so erfolgreichen Vorwahlen in Florida ein ausführliches Interview gegeben. Dabei wurde der Favorit auf die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten auch gefragt, wie er es schaffen will, bei den Durchschnittsamerikanern besser anzukommen. Seine Antwort wird ihn wohl noch etwas länger verfolgen:

„I’m in this race because I care about Americans. I’m not concerned about the very poor. We have a safety net there. If it needs repair, I’ll fix it.“


.
Das obige Video ist auch ein Beleg für die Macht des Zusammenschnitts. Wer sich das gesamte Interview ansieht, wird feststellen, dass seine Antwort – es hätte die letzte in einem rund zehn Minuten dauernden Gespräch sein sollen – etwas länger war. Nach dem ersten Teil sagt er auch: „I’m not concerned about the very rich, they’re doing just fine. I’m concerned about the very heart of the America, the 90 percent, 95 percent of Americans who right now are struggling.“

Sein Team bemüht sich nun eifrig darauf hinzuweisen, dass der Satz „I’m not concerned about the very poor.“ aus dem Zusammenhang gerissen wird (solche wehleidigen Ausreden kennen wir ja auch von österreichischen Politikern). Doch Tatsache ist: Jeder politische Profi von heute muss wissen, dass aus jedem einzelnen Satz(teil) eine Headline werden kann. Es gibt nur einen Weg, wie man vermeiden kann, mit irritierenden Sätzen zitiert zu werden – indem man sie nicht ausspricht.

In den Reihen der Republikaner macht sich daher einige Verwunderung breit, warum Romney in diesem Themengebiet nicht trittsicherer agiert – schließlich ist glasklar, dass es zu seinen Kernaufgaben gehört, etwas vom Image des abgehobenenen Multi-Millionärs wegzukommen (oder dieses zumindest nicht zu verstärken). Die letzte Frage ihm verpatzten CNN-Interview hätte ihm sogar eine gute Chance dazu geboten, doch Romney scheint sich bei diesem Thema sichtlich unwohl zu fühlen.

Zum Vergleich hier das komplette Interview. Die relevante Frage der Interviewerin beginnt bei 07:40 und Romneys Antwort darauf bei 09:03 – wer sich generell für das Vorwahlergebnis in Florida interessiert, sollte sich aber ruhig das gesamte Gespräch ansehen.

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Video Wednesday: Eröffnungszug

Video Wednesday: Eröffnungszug

Das Obama-Camp hat vor rund zwei Wochen seinen ersten TV-Spot in diesem Jahr veröffentlicht. Angesichts der Tatsache, dass seine Mitbewerber bereits flächendeckend in den TV- und Radiosendern präsent sind, eine nachvollziehbare Entscheidung – mit ausreichend Geld dürfte seine Kampagne ja ausgestattet sein.

Interessant ist, dass der Spot zwei inhaltliche Nebenschauplätze des Wahljahres thematisiert: Obamas Bilanz in der Energiepolitik und im Bereich der politischen Transparenz. Doch dafür gibt es einen guten Grund: Obama reagiert damit auf massive Attacken gegen ihn.

Ohne sie namentlich zu erwähnen, zielt der Spot auf die konservativen Geschäftsmänner Charles und David Koch ab, die Obama über einen Verband namens „Americans for Prosperity“ angreifen.

„Americans for Prosperity“ hat zuletzt eine 6 Millionen US-Dollar schwere Anzeigenkampagne gestartet, die Obama mehr oder minder unverblümt Korruption vorwirft. Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht dabei der Solyndra-Skandal. Das Solarenergieunternehmen mit guten Verbindungen zur Obama-Administration ging pleite, obwohl es über 500 Millionen Dollar Subvention erhalten hatte. Hier der AfP-Spot:

Obamas Konter eröffnet mit einem Hinweis auf die Koch-Brüder: „Secretive oil billionaires attacking President Obama with ads fact checkers say are not tethered to the facts,“ hört man einen Sprecher sagen, wären im Hintergrund Bilder des Werbespots von „Americans for Prosperity“ gezeigt werden. „Independent watchdogs call this president’s record on ethics unprecedented,“ so der Spot, der vorerst in vier wichtigen Battleground-Staaten – Ohio, Michigan, North Carolina und Virginia – geschalten wird.

Obamas Team traut sich sogar, trotz der Solyndra-Flops Solarpanele in dem Spot zu zeigen (und damit den Kontrast zu den Öl-Millionären zu erhöhen). Leider muss seine Kampagne dabei auf allgemeines Videomaterial zurückgreifen – denn Solarpanele auf dem Dach des Weißen Hauses gehören zu jenen Wahlkampfversprechen, dass der Präsident nicht eingelöst hat …

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Florida: Vor der Wahl ist nach der Wahl

Die aktuellen Umfragen sprechen eine deutliche Sprache: Mitt Romney wird in Florida wohl einen Erfolg feiern dürfen, das Rennen um die republikanische Nominierung wird damit aber nicht entschieden werden.

Newt Gingrich hat mit seinem Sieg in South Carolina immerhin ein Ziel erreicht: Das Rennen um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner entwickelte sich zuletzt immer mehr zu einem Duell zwischen Mitt Romney und ihm. Das bringt für Gingrich zwar gewisse Vorteile mit sich (weil die anderen Gegenspieler – insbesondere auf dem teuren Wahlkampfboden Floridas – etwas in den Hintergrund getreten sind), bescherte ihm aber auch eine massive Gegenkampagne. Das Romney-Lager hat Schätzungen zufolge etwa vier Mal so viele TV-Werbespots in Florida geschalten wie das Gingrich-Camp – und viele davon sind dem „negative campaigning“ zuzuordnen. Hier ein Beispiel dafür:

Auch dieser Spot hier zeigt, dass Romney nicht beabsichtigen dürfte, seinem wohl gefährlichsten Herausforderer etwas zu schenken. Angesichts dieses „Flächenbombardements“, wie Newt Gingrich die Kampagnenmethode Romneys zuletzt bezeichnete, konnte Gingrich nur wenig Kapital aus dem Endorsement von Herman Cain schlagen – der nach Rick Pery nun schon der zweite Bewerber ist, der sich hinter Newt Gingrich stellt:

Die Vorwahlen in Florida sind noch nicht gelaufen, doch die Kandidaten widmen sich bereits den nächsten Stationen auf dem Kampagnenfahrplan. Ron Paul hat den „sunshine state“ von Anfang an links liegen gelassen, um sich auf Bundesstaaten mit einem Caucus-Wahlsystem wie Nevada oder Minnesota zu konzentrieren. Rick Santorum hat seine Kampagne in Florida bereits Ende der vergangenen Woche faktisch eingestellt, um sich ergiebigeren Bundesstaaten zuzuwenden. Und auch die Romney und Gingrich haben den Schwerpunkt ihrer Kampagnen bereits verlagert.

Immerhin steht am Ende dieser Woche schon Nevada im Mittelpunkt des Interesses und alles andere als ein klarer Sieg dort würde die Favoritenrolle, an der Romney so hart arbeitet, wieder ankratzen. Immerhin gewann er bei den Vorwahlen 2008 in Nevada (wo rund ein Viertel der WählerInnen Mormonen sind) mit beeindruckenden 51,1 %, während der spätere Präsidentschaftskandidat John McCain dort mit 12,8 % sogar hinter Ron Paul mit 13,7 % lag. Gingrich wiederum kann darauf hoffen, dass einer seiner wichtigsten Unterstützer, der Casino-Mogul Sheldon Adelson, seinen Einfluss in der Republikanischen Partei von Nevada (ja, Las Vegas liegt auch dort) zu seinen Gunsten geltend macht.

Romney kann jedenfalls nicht darauf vertrauen, dass ihm ein deutlicher Sieg in Florida auch in anderen Bundesstaaten Aufwind verleiht – dieser Effekt war nämlich bislang bei diesen Vorwahlen kaum zu beobachten. Er hat zwar nach wie vor die besten Chancen, sich die republikanische Nominierung zu sichern, doch er wird mehr dafür tun (und ausgeben) müssen, als ihm lieb sein kann …

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Strategy Sunday: Bücher

Wer sich für einen Job bewirbt, muss dafür einen Lebenslauf und ein Motivationsschreiben verfassen. Das gilt auch für Bewerber um das Amt des US-Präsidenten – nur müssen die mindestens ein Buch vorlegen.

Man könnte glauben, dass ein so beschauliches Medium wie das Buch in den Wahlkampagnen des Internet-Zeitalters keine Rolle mehr spielt. Doch das Gegenteil ist der Fall: Ein Präsidentschaftskandidat ohne Buch ist in den USA undenkbar. Und das nicht deshalb, weil das dortige Wahlvolk sich von intellektuellen Statussymbolen beeindrucken lässt (das ist eher ein österreichisches Spezifikum, wo schon mal die akademischen Grade von KandidatInnen auf Wahlplakaten angeführt werden), sondern weil Bücher ein äußerst effektives Kampagnenmedium sind.

Langsam, aber umso nachhaltiger

Bücher wirken zwar nur langsam, aber dafür umso nachhaltiger. Wer sich die Zeit nimmt, das Buch eines Kandidaten zu lesen, hat am Ende mehrere Stunden mit dessen Ansichten zugebracht – und neigt dazu, die gewonnenen Erkenntnisse auch an andere weiterzugeben. Im Marketing werden solche Personen auch als „MarkenkennerInnen“ bezeichnet und als wichtige BotschafterInnen jeder Marke geschätzt. Bücher sind also nicht zu unterschätzen, wenn es darum geht, die in Wahlkampagnen so wichtige Meinungsführerschaft zu erringen.

Eine einfache Rechnung mag die Wirkung dieses oft unterschätzten Mediums vielleicht unterstreichen: Nehmen wir an, 20.000 Leute lesen jeweils vier Stunden in einem Buch über eine/n KandidatIn, dann macht das in Summe 4,8 Millionen Minuten. Ein 30 Sekunden langer TV-Spot muss von 9,6 Millionen Menschen gesehen werden, um das gleiche Ausmaß an Aufmerksamkeit zu gewinnen.

Es gibt kaum ein Medium, dass das Budget einer Wahlkampagne weniger belastet (für manche Kandidaten ist es sogar ein gutes Geschäft) und dabei auch noch in Form von Lesereisen und Signierstunden zahlreiche Gelegenheiten bietet, den Kontakt mit dem Wahlvolk zu pflegen.

Kampagnenmedium 1.0

Kein Wunder also, dass amerikanische Politiker dieses Medium sehr gezielt einsetzen. Barack Obama begann seine politische Karriere 1995 mit der Veröffentlichung seiner Memoiren (!) „Dreams from My Father“ und legte rechtzeitig vor seiner Kandidatur zum US-Präsidenten mit „The Audacity of Hope“ die Grundzüge seines späteren Wahlprogramms dar.

Auch die Bewerber um die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten haben im Vorfeld der Wahlen ihre Leidenschaft für das Schreiben entdeckt: Ron Paul verspricht nicht weniger als „The Revolution“ (ein Bestseller), Newt Gingrich (der mit Abstand die längste Bibliografie vorweisen kann), verkauft u. a. „Real Change“, Mitt Romney setzt auf „No Apology“ und Rick Santorum postuliert „It Takes A Family“ (nicht zu vergessen Rick Perrys Machwerk „Fed Up!“ oder „This is Herman Cain!“ von, äh, ja genau).

Allen diesen Büchern ist gemeinsam, dass sie das Leben und die Ansichten der Kandidaten in eine (mehr oder minder) stimmige, durch und durch amerikanische Geschichte packen, der nur ein letztes Kapitel fehlt: das „Happy End“ im Weißen Haus.

In Österreich ist diese Tradition nicht sonderlich verbreitet, wobei es aber natürlich auch Ausnahmen gibt: So hat z. B. Erwin Pröll, der ja bekanntlich nicht als großer Leser gilt, im vergangenen Herbst sein politisches Profil „Zum Glück siegt immer die Zuversicht“ auf den Buchmarkt werfen lassen. Seltsam ist daran nur, dass er das Präsidentenamt nun abschaffen will …

P.S.: Hier noch ein kleiner Nachtrag zu meinem Beitrag über „Imagetransfer“. Nate Silver hat in seinem Blog nachgezählt, wie oft Newt Gingrich in den bisherigen TV-Debatten Ronald Reagan erwähnt hat. Im „Reagan Count“ hängt er Romney mit 55 : 6 deutlich ab.

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Newt holt South Carolina

Newt Gingrich hat sich also – wieder einmal – zurückgekämpft. Dank seiner guten Performance in den dieswöchigen TV-Debatten, einem nahezu perfekt orchestrierten Wahlkampffinish (das in einem Endorsement von Chuck Norris gipfelte) und wirksamen Attacken gegen Mitt Romney konnte er in South Carolina seinen ersten Vorwahlsieg einfahren.

Dieser Triumph war in zweifacher Hinsicht wichtig für ihn: Gingrich zeigt damit, dass Mitt Romney vielleicht doch noch geschlagen werden kann und positioniert sich gleichzeitig als dessen relevantester Gegenspieler – denn Rick Santorum hat trotz seines Erfolgs in Iowa und eines wichtigen Endorsements aus dem evangelikalen Lager in South Carolina nur eher mäßig abgeschnitten.

Selbstbewusst weist das Gingrich-Camp nun darauf hin, dass der Gewinner der Vorwahlen von South Carolina seit 1980 immer zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt wurde (natürlich ohne darauf hinzuweisen, dass sich nach Iowa und New Hampshire in den meisten Fällen ein klarer Favorit abgezeichnet hatte). Der dortige Wahlsieg verleiht Newt Gingrich jedenfalls genau zum richtigen Zeitpunkt einen wichtigen Schub – und verbaut Romney einen raschen Triumph.

Am 31. Jänner steht nun Florida als nächste Station auf dem Vorwahlkalender. Der Sunshine State mit rund 19 Millionen Einwohnern ist aufgrund seiner Größe ein besonders teures Wahlkampfpflaster, was für die finanziell gut ausgestattete Kampagne Romneys von Vorteil sein könnte. Für Gingrich ist die Ausgangslage dort deutlich schwieriger als in South Carolina und noch hat Romney dort in den Umfragen einen soliden Vorsprung. Doch den hatte er vor zwei Wochen in South Carolina auch noch …

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