Autorenarchive | Stefan Bachleitner

Strategy Sunday: Kleinstadthorror

Die Kampagne von Rick Santorum reitet seit dieser Woche eine neue Attacke auf Amtsinhaber Barack Obama und hat damit – durchaus erfolgreich – ein neues Thema in den Vorwahlkampf der Republikaner eingebracht: das Leben abseits der Städte. Eine Strategie mit Haken.

Der neueste TV-Spot von Rick Santorum wirkt wie der Kinotrailer eines Horror-Schockers. Detailreich illustriert er das Sterben einer typisch amerikanischen Kleinstadt, falls Barack Obama sich die Wiederwahl sichern sollte. Ob Arbeitslosigkeit, Benzinpreise oder Ahmadinedschad – das Grauen hat ein neues Zuhause gefunden: Welcome to Obamaville …

Ein Spot, der unter die Haut geht – und Santorums Kampagne dementsprechend viel Aufmerksamkeit gesichert hat. Die aggressive Attacke ist in mehrfacher Hinsicht clever angelegt:

  • Santorum greift mit diesem Spot den Amtsinhaber an, was bei der (langsam etwas vorwahlmüden) republikanischen Basis natürlich besser ankommt als der parteiinterne Hickhack.
  • Er versucht damit, sich als Herausforderer Obamas zu präsentieren. Eine bewährte Strategie: Die Vorwegnahme des Vorwahl-Ergebnisses soll den eigenen Reihen Zuversicht vermitteln, dass Santorum tatsächlich zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gekürt werden könnte.
  • Als Schutzpatron der Kleinstädte knüpft er direkt an das Selbstverständnis der republikanischen Basis an, die in den Latte Macchiato-Eliten der Großstädte eine Verschwörung gegen ihren Lebensstil wittert.
  • Und – last, but not least – gelingt es Santorum damit, den Kontrast zum deutlich urbaneren Mitt Romney zu verstärken. Ein echter Republikaner, so die tiefere Logik dieses Spots, muss sich vom unmoralischen Selbstverständnis der Großstädte fernhalten.

Wirksame Kerbe

Die Kampagne Santorums schlägt damit in eine durchaus wirksame Kerbe. Untersuchungen zeigen, dass die Polarisierung zwischen urbanen und ländlichen WählerInnen bei US-Wahlen immer stärker wird (und inzwischen relevanter ist als das unterschiedliche Wahlverhalten zwischen dem Norden und dem Süden des Landes). Die Unterschiede in der Demografie, in der Wirtschaftsstruktur und im Lebensstil tragen dazu bei, dass es immer schwieriger wird, gleichzeitig in den Städten und am Land zu punkten.

Mit diesem Problem kämpft auch Mitt Romney. Wie Mica Cohen vom Wahlblog FiveThirtyEight.com feststellt, kommt Romney bei RepublikanerInnen in der Stadt weitaus besser an als außerhalb der Ballungszentren. In urbanen Wahlkreisen konnte Romney rund 40 % der WählerInnen für sich gewinnen, während sich Santorum dort nur 26 % der Stimmen holte. In nicht-urbanen Wahlkreisen hat hingegen Santorum mit 34 % der WählerInnen (gegenüber 30 % für Romney) die Nase vorne.

Der Haken

Trotzdem hat die Offensive Santorums einen großen Haken. Denn was er hier als Stärke präsentiert, ist bei genauerer Betrachtung sein Schwachpunkt – weil Wahlen (insbesondere in den USA) in den Städten entschieden werden. Über 60 % der US-Bevölkerung leben heute in urbanen Ballungszentren mit mehr als 200.000 EinwohnerInnen – Tendenz steigend. Zum Vergleich: In diese Kategorie würden es in Österreich gerade einmal Wien und Graz schaffen, wo zusammengerechnet nur etwa ein Viertel der österreichischen WählerInnen lebt.

Die Fokussierung auf das Lebensgefühl der Kleinstädte mag Santorum vielleicht im Vorwahlkampf der Republikaner nützen, im Wettstreit mit Barack Obama ist sie aber eine Sackgasse – denn schon 2008 sicherte sich Obama die Wahl mit einem deutlichen Vorsprung in den Städten. Mitt Romney ist also letztlich deshalb ein deutlich gefährlicherer Gegner für den Amtsinhaber, weil er bei urbanen WählerInnen punkten kann. Mal sehen, ob er das auch der republikanischen Basis vermitteln kann …

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Strategy Sunday: Heimtiere

Hunde und Katzen sind nicht wahlberechtigt, aber haben trotzdem einen gewissen Einfluss darauf, wie KandidatInnen bei Wahlen abschneiden. Wir liefern ein paar Erklärungsansätze, warum das so ist.

Die Beziehung zwischen Mensch und Tier hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich gewandelt – vor allem auch deshalb, weil nur mehr ein kleiner Teil der Bevölkerung von der Landwirtschaft lebt. Früher, im ländlichen Leben, waren Tiere vor allem Nutztiere: Das Schwein diente der Schinkenproduktion, der Hund bewachte das Haus und die Katze kümmerte sich um die Mäuseplage. Doch diese funktionelle Betrachtungsweise von Hund, Katz & Co. tritt immer weiter in den Hintergrund.

Inzwischen sind Heimtiere – vor allem, wenn sie in der Stadt gehalten werden – mehr oder minder zu Familienmitgliedern geworden. Sie werden nicht mehr mit Küchenabfällen gefüttert, sondern bekommen exquisite Heimtiernahrung aus einem unendlich scheinenden Sortiment an Geschmacksrichtungen und wenn sie krank werden oder in die Jahre kommen, sorgen ihre liebevollen Halter dafür, dass sie mit allen Mitteln der veterinärmedizinischen Kunst behandelt werden.

Mehr Heimtiere als Kinder

Diese vierbeinigen Familienmitglieder sind auch in den USA sehr verbreitet. Laut der APPA National Pet Owners Statistics besitzen 62 % der US-Haushalte ein Heimtier. Nur zum Vergleich: 86,4 Mio. Katzen und 78,2 Mio. Hunden stehen in den USA rund 74,6 Mio. Kinder unter 18 Jahren gegenüber. Kein Wunder, dass der Umgang mit Tieren angesichts dieser Zahlen ein politisch relevantes Thema ist, dass viele Menschen berührt. Und wer sich tierlieb zeigt, bekommt einen Imagebonus – interessanterweise in der Kategorie Menschlichkeit.

Keine Wunder also, dass die pelzigen Freunde auch in US-Wahlkämpfen immer wieder eine Rolle spielen. Legendär ist z. B. Richard Nixons „Checkers Speech“, eine spektakuläre TV-Ansprache, in der sich der damalige Vizepräsidentschaftskandidat 1952 gegen Korruptionsvorwürfe mit dem Argument zur Wehr setzte, das einzige je von ihm angenommene Geschenk sei ein schwarz-weißer Cockerspaniel namens Checkers gewesen, den er nur seinen beiden Kindern zuliebe behalten habe.

Schon Herbert Hoover, US-Präsident von 1929 bis 1933, machte Wahlwerbung mit Postkarten, die ihn mit seinem Schäferhund King Tut zeigten. Lyndon B. Johnson wiederum erlitt einen massiven Imageschaden, als ein Foto von ihm veröffentlicht wurde, auf dem er seinen Beagle „Him“ an den Ohren zog. Der öffentliche Aufschrei war so groß, dass er sich zu einer Entschuldigung genötigt sah, doch die Erklärung „he seemed to like it“ war vielen US-BürgerInnen dann doch etwas zu wenig.

„Dogs Against Romney“ vs. „Pet Lovers for Obama“

Hunde sind auch in diesem Jahr ein Teil des Kampagnengeschehens. Gegen Mitt Romney macht z. B. die Initiative Dogs Against Romney mobil, die u. a. daran erinnern möchte, dass der Republikaner 1983 seinen Hund Seamus für eine zwölf Stunden dauernde Urlaubsfahrt nach Kanada kurzerhand auf das Autodach verfrachtet hatte. Ein derartiger Vorwurf ist alles andere als erfreulich für den ehemaligen Gouverneur von Massachussetts, betrachten manche Kommentatoren Hunde doch als „vital to presidential lifestyle“ – und die Story wird von den Medien immer wieder genußvoll aufgekocht.

Kein Wunder, dass der Amtsinhaber Barack Obama umso stärker darauf bedacht ist, sich als Tierfreund zu präsentieren. Dabei kann er natürlich mit der treuen Unterstützung seines portugiesischen Wasserhunds „Bo“ rechnen, der das Aushängeschild der „Pet Lovers for Obama“-Initiative ist.

Als „first dog“ genießt Bo einen nicht zu unterschätzenden Bekanntheitsgrad, denn der Kult um die „first pets“ im Weißen Haus ist nahezu grenzenlos. Kaum ein Amtsinhaber seit George Washington kam bislang ohne Haustiere aus, wie Foto-Galerien auf der Webseite des Weißen Hauses oder das Presidential Pets Museum belegen. (Besonders beeindruckend ist dabei übrigens der Streichelzoo, mit dem John F. Kennedy den Amtssitz des US-Präsidenten ausstattete – über die Jahre hatte seine Familie dort zehn Hunde, eine Katze, drei Ponies, ein Pferd, drei Vögel, zwei Hamster und einen Hasen untergebracht.)

Auch in Österreich relevant

Auch hierzulande geht es kampagnentechnisch oft tierisch zu – aus gutem Grund. Headlines à la „Tiere würden Faymann wählen“ (wie die Tierecke der Kronen Zeitung einst titelte) werden zwar gerne belächelt, sollten aber in ihrer Wirkung nicht unterschätzt werden.

Wenn die Wiener FPÖ unter dem Titel „Ein Herz für Hunde“ eine Charmeoffensive zum Ködern von Hundehaltern startet, ist das eine durchaus überlegte Maßnahme, um sich ein sanfteres Profil zu geben und neue WählerInnengruppen zu erschließen. Es ist auch kein Zufall, dass Heinz-Christian Strache auf Facebook das Ableben des Familienkaninchens „Schnuckl“ betrautert, denn das bringt ihm zwar auf Twitter etwas Spott ein, trägt aber letztlich dazu bei, die Kanten seines polarisierenden Images etwas abzuschleifen und den warmherzigen Menschen zu geben. Auch für die Grünen ist der Tierschutz eines der wenigen Kernthemen, wo sie sich des Wohlwollens der Kronen Zeitung sicher sein können. Einzig die ÖVP tut sich damit traditionell etwas schwerer, weil eine ihrer treuesten WählerInnengruppen, die Landwirte, Tiere noch ganz pragmatisch als Nutztiere betrachtet und deren Vermenschlichung eher skeptisch gegenübersteht – wer will schon als Mörder des süßen Schweinderls aus der „Ja! Natürlich“-Werbung dastehen.

Was lernen wir daraus? Befragt zu den unverzichtbaren Eigenschaften ein Politikers soll Bruno Kreisky einmal gesagt haben: „Man muss die Menschen mögen, sonst darf man nicht Politik machen“. Mehr denn je gilt für Tiere das gleiche.

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Etch-A-Sketch

Die Präsidentschaftswahlen in den USA haben einem etwas in die Jahre gekommenen Kinderspielzeug wieder zu neuen Ehren verholfen: der Zaubertafel. Schuld daran ist der Wahlkampfmanager Mitt Romneys.

Was man in den USA „Etch-A-Sketch“ nennt, ist bei uns (zumindest noch bei VertreterInnen meiner Generation) als „Zaubertafel“ bekannt. Das Prinzip dahinter ist denkbar einfach: Man malt etwas, bis einem das Motiv nicht mehr gefällt – dann schüttelt man das Teil und kann auf einem leeren Bildschirm wieder von vorne beginnen.

Die Bumerang-Metapher

Das Wort „Etch-A-Sketch“ werden wir im diesjährigen US-Wahlkampf noch öfter hören – dank Eric Fernstrom, dem Wahlkampfmanager von Mitt Romney. Der trat nach dem Sieg seines Kandidaten bei den Vorwahlen in Illinois im Fernsehen auf und wurde (wenig überraschend) gefragt, wie Romney, der aufgrund seiner Mitbewerber bei den Vorwahlen deutlich nach rechts rücken müsste, im Fall seiner Nominierung wieder WählerInnen der Mitte ansprechen will. Hier seine Antwort:

„Everything changes. It’s almost like an Etch-A-Sketch. You can kind of shake it up and restart all of over again.“

Es dauerte nicht lange, bis seine Gegner in dieser ziemlich missglückten Metapher eine optimale Gelegenheit erkannten, die mangelnde Grundsatztreue Mitt Romneys (wieder einmal) zu thematisieren. Rick Santorum ließ es sich jedenfalls nicht nehmen, bei seinem nächsten Wahlkampfauftritt fototauglich eine Zaubertafel zu präsentieren:

Und auch Newt Gingrich konnte der Versuchung nicht widerstehen, das neue Symbol für Romneys ideologische Flexibilität in die Kamera zu halten:

Keine Frage, dass das demokratische Super-PAC „American Bridge“ ebenfalls nicht lange damit wartete, diese Steilvorlage zu verwandeln:

Und – um nur eines von vielen Beispielen zu nehmen – auch KommentarInnen wie Rachel Maddow setzten sich mit diesem Thema auseinander:

Wenn interessiert es da noch, dass der Bruder von George W. Bush und ehemalige Gouverneur von Florida, Jeb Bush, ein Endorsement für Mitt Romney abgab, um ihm den Rücken zu stärken …

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Strategy Sunday: Eheprobleme

Meine Leidenschaft für die US-Politik wurde vor rund 20 Jahren geweckt, als ich auf einer Studienreise des Österreichischen Bundesjugendrings (heute ist das die Bundesjugendvertretung) zahlreiche Organisationen und Institutionen in den Vereinigten Staaten kennenlernen durfte. Zwei Stationen, die gegensätzlicher nicht sein konnten, sind mir dabei in besonderer Erinnerung geblieben: Ein Termin im Büro des damals in Österreich noch wenig bekannten Südstaatenabgeordneten Newt Gingrich und ein Besuch der Harvey Milk High School in New York – eine Schule, die Jugendlichen eine sichere Ausbildungsumgebung bietet, die aufgrund ihres „Andersseins“ im Regelschulwesen mit Diskriminierung zu kämpfen haben.

Solche Gegensätze sind kennzeichnend für das politische Leben in den USA. Da schaffen private Initiativen bemerkenswerte antiheteronormative Freiräume wie z. B. eine eigene Schule „for those who are gay, lesbian, bisexual, transgender, and questioning“ – in Österreich (noch immer) schwer vorstellbar – und gleichzeitig treten Waffenbesitzer, Abtreibungsgegner, Kreationisten oder Homophobe öffentlich in einer Form in Erscheinung, dass einem schlicht die Spucke wegbleibt. Das Aufeinandertreffen derartiger Gegensätze ist auch bestimmend für die politische Kampagnenarbeit in den USA – insbesondere, wenn es um die Wahl des US-Präsidenten geht. Der Kampf um die Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transsexuellen (in den USA mit „LGBT“ abgekürzt) ist dabei sicherlich eines der relevantesten „wedge issues“, dessen Bedeutung daher nachfolgend etwas eingehender analysiert werden soll. Denn die Homophobie ist in den USA nicht so bestimmend, wie die Dauerberichterstattung über die republikanischen Vorwahlen vermuten lassen würde.

Schlüsselthema „same-sex marriage“

Das aktuelle Schlüsselthema der politischen Auseinandersetzung in diesem Bereich ist die „same-sex marriage“. Obwohl dieses Thema die Lesben- und die Schwulenszene bis zu einem gewissen Grad spaltet (Marco Schreuder hat in seinem Blog einen interessanten Beitrag dazu veröffentlicht), ist es der unumstrittene Lackmustest, wenn es um die Gleichstellung der LGBT-Community geht. 42 % der Amerikanerinnen und Amerikaner leben inzwischen in Bundesstaaten, die gleichgeschlechtlichen Partnerschaften in der einen oder anderen Form eine rechtliche Anerkennung verleihen. Gleichzeitig verhindert der „Defense-of-Marriage Act“ (DOMA) seit 1996 (ja, er wurde von Bill Clinton unterzeichnet) auf Bundesebene eine Gleichstellung solcher Partnerschaften mit der Ehe.

Die Rollenverteilung der politischen Lager in dieser Auseinandersetzung könnte auf den ersten Blick kaum klarer sein. Auf der einen Seite steht die Obama-Administration, zu deren (bislang uneingelösten) Versprechen die Abschaffung des „DOMA“ zählt. Und auf der anderen Seite die republikanischeren Herausforderer, die sich dabei überbieten, als Verteidiger der traditionellen Ehe aufzutreten. Doch ein zweiter Blick zeigt, dass beide Seiten mit diesem kontroversiellen Thema so ihre Probleme haben.

„It get’s better“

Das Obama-Camp ist prinzipiell bemüht zu zeigen, dass der US-Präsident auf der Seite der LGBT-Community steht und – insbesondere für eine erste Amtszeit – viel für deren Gleichstellung getan hat. Selbst kritische BeobachterInnen gestehen der Obama-Administration eine erfolgreiche Bilanz in diesem Bereich zu. Ein Meilenstein war sicherlich, dass am 22. Juli 2011 die bis dahin geltende „Don’t ask, don’t tell“-Praxis des US-Militärs aufgehoben wurde, die Soldaten das öffentliche Führen gleichgeschlechtlicher Beziehungen untersagte. Das Weiße Haus unter Obama hat auch eine eigene Subseite für die LGBT-Community, auf der u. a. das „It Gets Better“-Projekt des Kolumnisten Dan Savage mit Videobotschaften des Präsidenten und des Vizepräsidenten unterstützt wird.

„It get’s better“ scheint letztlich auch Obamas Kernbotschaft an die LGBT-WählerInnen zu sein, die allerdings zum Teil darüber enttäuscht sind, dass der US-Präsident sich bislang um ein klares Bekenntnis zur gleichgeschlechtlichen Ehe drückte. Hier versucht Obama eine schwierige Gratwanderung: Zum Einen möchte er sich in Wahlkampfzeiten nicht zu sehr exponieren, was ein derart emotional aufgeladenes Thema betrifft (das überlässt er lieber seinen republikanischen Mitbewerbern), doch zum Anderen möchte er auch die geschätzten 12 Millionen LGBT-WählerInnen in den USA nicht vergraulen. Die Folge ist ein Mix höchst unterschiedlicher Signale: Als vor Kurzem ein Bundesgericht entschied, dass „Proposition 8“ – ein kalifornisches Gesetz zum Verbot gleichgeschlechtlicher Ehen – verfassungswidrig sei, beschränkte sich Obama (wieder einmal) auf die lapidare Feststellung, dass seine Position zu diese Thema noch immer „evolving“ (= in Entwicklung) ist. Anders gesagt: Obama möchte die Klärung dieser Frage lieber den Gerichten überlassen. Gleichzeitig scheute er sich aber nicht, eine Gesetzesinitiative gegen gleichgeschlechtliche Ehen im swing state North Carolina entschieden abzulehnen.

Kulturelles Konfliktthema

Die Obama-Strategie in Sachen „same-sex marriage“ ist wohl auch deshalb so indifferent, weil sich zwar langsam Mehrheiten dafür abzeichnen, ein derart polarisierendes „wedge issue“ aber auch wichtige WählerInnengruppen aus seiner „winning coalition“ sprengen könnte. Denn obwohl die Haltung der US-Bevölkerung gegenüber schwulen und lesbischen Beziehungen so positiv wie noch nie ist, teilt die Diskussion darüber das Land. Eine Gallup-Studie aus dem Jahr 2011 kam zu dem Ergebnis, dass zwar 56 % der befragten US-BürgerInnen schwule und lesbische Beziehungen für „moralisch akzeptabel“ halten, diese aber immerhin von 39 % der Befragten als „moralisch falsch“ abgelehnt werden. Damit liegen „gay or lesbian relations“ – gleichauf mit Pelzkleidung und Tierversuchen – auf Platz 4 der kontroversiellsten Themen (die Stockerlplätze belegen übrigens Sterbehilfe, Abtreibung und uneheliche Kinder). Bemerkenswert ist, dass die Haltung zu diesem Thema stark altersabhängig ist: Schwule und lesbische Beziehungen sind für 66 % der befragten 18- bis 34-jährigen moralisch akzeptabel, aber nur für 47 % der über 55-jährigen (einen größeren Alters-Gap gibt es nur beim Thema Pornographie) – die Homophobie stirbt also langsam aus.

Dennoch (oder gerade deswegen) setzt die religiöse Rechte diese kulturellen Streitthemen gezielt ein, um WählerInnen zu mobilisieren – und prägt damit auch den Vorwahlkampf der Republikaner. Rick Santorum konnte sich mit seinem evangelikalen Programm immerhin als stärkster Herausforderer Mitt Romneys etablieren und bestimmt damit die Agenda der republikanischen Debatte maßgeblich mit. Schon jetzt bezeichnen manche BeobachterInnen die republikanischen Vorwahlen als „most homophobic in American history“ – haben doch alle KandidatInnen in der einen oder anderen Form angekündigt, die Rechte von LGBT-BürgerInnen beschränken zu wollen. Einer der bisherigen Tiefpunkte des republikanischen gay-bashings war der „Strong“-Werbespot des (inzwischen aus dem Rennen geschiedenen) Gouverneurs von Texas, Rick Perry, der sich mit seiner offen zur Schau getragene Schwulenfeinlichkeit einen Spitzenplatz unter den „most disliked“ YouTube-Videos aller Zeiten gesichert hat:

Doch zahlreiche republikanische Strategen beobachten diese extreme Positionierung mit wachsender Sorge, denn am Ende könnte die GOP damit den Anschluss an den Mainstream verlieren. Kurzfristig können die Republikaner damit vielleicht noch ihre Basis mobilisieren (so wie bei den Wahlen 2004), doch langfristig manövrieren sie sich damit auf die Verliererstraße. Der Generationenwechsel, die anhaltenden Diskussionen und die zunehmende öffentliche Sichtbarkeit von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen haben dazu beigetragen, das Meinungsbild in weiten Teilen der US-Bevölkerung zu drehen. So zeichnet sich in Kalifornien, wo sich 2008 noch 52 % der WählerInnen für „Proposition 8“ (das oben erwähnte Verbot von gleichgeschlechtlichen Ehen) aussprachen, zunehmend eine Mehrheit für „same-sex marriage“ ab.

Konsequente Kampagnen- und Lobbyingarbeit

Ein Grund dafür ist die konsequente Kampagnen- und Lobbyingarbeit von LGBT-Gruppen auf allen Ebenen. Seit den „Stonewall riots“ 1969 oder ihrem erfolgreichen Kampf gegen „Proposition 6“ im Jahr 1978 ist die Bewegung nicht nur gewachsen, sondern hat sich auch stark professionalisiert. Einflussreiche Organisationen wie die Human Rights Campaign, die National Gay and Lesbian Taskforce oder der Gay & Lesbian Victory Fund verleihen den KandidatInnen und Positionen der Community heute bundesweit Nachdruck (nicht zu vergessen die entsprechenden Parteiinitiativen wie z. B. die Stonewall Democrats oder die – ja, auch die gibt es – Log Cabin Republicans).

Der Erfolg dieser Initiativen baut auf vielen Faktoren auf, darunter ihr positiver Grundton, die Förderung der Sichtbarkeit der LGBT-Community durch entsprechende „Coming Out“-Initiativen (Menschen, die Kontakt mit Schwulen oder Lesben haben, zeigen laut Umfragen eine signifikant höhere Zustimmung zu deren Gleichstellung), der Kampf gegen das Bullying von Jugendlichen (siehe „It Gets Better“) und nicht zuletzt die konsequente Mobilisierung von WählerInnen (z. B. durch Aktionen wie „Mitt ’N Match“). Die Wirksamkeit dieser Maßnahmen wird auch dadurch belegt, dass die Wahlbeteiligung der Community über dem US-Durchschnitt liegt.

Langfristig ist also zu erwarten, dass die Gegner der gleichgeschlechtlichen Ehe in der USA ihren Kulturkampf verlieren werden. Vielleicht sollten sich republikanische „family values“-Hardliner wie Newt Gingrich angesichts dieser Fakten mal etwas öfter mit ihren Familienmitgliedern darüber unterhalten. Candace Gingrich-Jones, die um 20 Jahre jüngere Halbschwester von Newt Gingrich, ist eine der bekanntesten Aktivistinnen der Human Rights Campaign. Sie zeigte sich von der (maßgeblich durch Anti-Gay-Groups ermöglichten) Kandidatur ihres Halbbruders übrigens wenig beeindruckt – und hat bereits angekündigt, im November Obama zu wählen.

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Santorum punktet im Süden

Rick Santorum punktet im Süden und gewinnt die heutigen Vorwahlen in Alabama und Mississippi. Was bedeutet das für das weitere Rennen?

Rick Santorum hat die knappen Vorwahlen in Alabama und Mississippi beide für sich entschieden – obwohl er in nahezu allen Umfragen in diesen zwei Bundesstaaten auf dem dritten Platz lag. Damit bestätigt Santorum die Erkenntnis, dass Umfragen im tiefen Süden der USA immer mit Vorsicht zu genießen sind. Und was sagt dieses Ergebnis noch?

1.) Die Kampagne von Newt Gingrich ist am Ende

Die beiden Südstaaten waren eindeutige „must wins“ für den Südstaatler Newt Gingrich, dessen Kampagne nun selbst bei Heimspielen ihre Schwäche offenbart hat. Santorum macht sich mit diesem Sieg zum unumstrittenen Herausforderer Mitt Romneys – und dürfte Gingrich damit mehr oder minder aus dem Rennen geworfen haben. Gibt Gingrich nicht auf, würde er von konservativer Seite zunehmend dafür kritisiert werden, Mitt Romneys bester Wahlhelfer zu sein. Trotz gegenteiliger Behauptungen Gingrichs ist mit dem Ende seiner Kampagne zu rechnen.

2.) Proportionale Delegiertenverteilung = kein Impact

Abgesehen davon haben die beiden Bundesstaaten keinen großen Effekt auf das Rennen um die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten – weil die Ergebnisse knapp waren und die Delegierten (mehr oder minder) proportional verteilt werden.

In Mississippi und Alabama zusammen wurden 90 Delegierte vergeben und laut aktuellen Hochrechnungen (das Endergebnis liegt noch nicht vor) wird Santorum mit den beiden Siegen seinen Rückstand auf Romney um gerade einmal sechs Delegierte verringern können. In Mississippi kann es (u. a. aufgrund der Verteilung von Delegierten nach Kongress-Wahlkreisen) sogar passieren, dass Romney dort mehr Delegierte als Santorum gewinnt. Ein guter Grund, die Ergebnisse der ebenfalls heute stattfindenden Vorwahlen auf Hawaii und American Samoa abzuwarten, bevor man eine Tagesbilanz zieht …

P.S.: Eben gesehen – Romney hat American Samoa gewonnen und staubt dort alle 9 Delegierten ab. In Hawaii sieht es ebenfalls nicht schlecht für ihn aus. Am Ende dürfte er seinen Delegierten-Vorsprung am heutigen Tag ausgebaut haben, obwohl Santorum die Schlagzeilen dominiert.

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Strategy Sunday: Frauenstimmen

Für Machos, die geglaubt haben, nach dem Verklingen der feierlichen Reden zum Weltfrauentag erleichtert aufatmen zu können, haben wir eine schlechte Nachricht: Frauen stellen nicht nur eine Mehrheit der Bevölkerung, sie entscheiden auch Wahlen. Die Präsidentschaftswahlen in den USA sind das beste Beispiel dafür.

Barack Obama weiß, wie wichtig Frauen sind. Keine andere Gruppe hat so viel Einfluss darauf, ob der Amtsinhaber im November bestätigt wird. Denn Frauen stellen in den USA nicht nur eine Mehrheit der Wahlberechtigten, sie zeichnen sich auch durch eine höhere Wahlbeteiligung aus und tendieren überdies eher zu den Demokraten als zu den Republikanern.

Bei den Präsidentschaftswahlen 2008 wählten 56 % der Frauen Obama, aber nur 49 % der Männer. Damit übertraf er sogar das 1996er-Wahlergebnis von Bill Clinton, der damals von 54 % der Frauen und nur 43 % (!) der Männer gewählt wurde, was einen rekordverdächtigen „Gender Gap“ von 11 % bedeutet. Anders gesagt: Der Wahlerfolg Obamas baut maßgeblich auf der Zustimmung von Frauen auf.

Obama hat die amerikanischen Wählerinnen allerdings nicht so sicher auf seiner Seite, wie man(n) angesichts seiner konservativen Herausforderer annehmen könnte. Sein größtes Problem sind dabei vor allem weiße Frauen, die er schon 2008 nicht mehrheitlich für sich gewinnen konnte – was sich mit einem Gender Gap von 7 % zugunsten von John McCain und Sarah Palin niederschlug.

Die Angst vor den Hockey Mums

Ein kurzer Rückblick: 2008 setzte sich Barack Obama bei den demokratischen Vorwahlen einigermaßen überraschend gegen Hillary Clinton durch, der große Chancen eingeräumt wurden, die erste Frau an der Spitze der USA zu werden. Viele demokratische Wählerinnen haderten damit, dass ihre Kandidatin nicht nominiert worden war – was sich noch verstärkte, als sich Obama dafür entschied, gemeinsam mit einem Mann, Joe Biden, ins Rennen zu gehen.

In diesem Klima war es ein genialer Schachzug der Republikaner, eine Frau als Vizepräsidentschaftskandidatin zu nominieren. Es war der große Auftritt der Sarah Palin. Als „Hockey Mum“ (einer etwas moderneren – und v. a. auch berufstätigen Variante der soccer mum) verkörperte sie einen Lebenstil, mit dem sich viele Wählerinnen – insbesondere aus den Vororten und dem ländlichen Raum der USA – identifizieren konnten. Kurz sah es so aus, als könnten die Republikaner dank Sarah Palin doch noch das Rennen machen. Nach einigen peinlichen Interviews und feminismuskritischen Ansagen, die gerade frauenpolitisch motivierte Wählerinnen verschreckten, verblasste der Palin-Effekt allerdings rasch. Die Unzufriedenheit mit dem politischen Erbe der Ära George W. Bush erledigte den Rest und Obama wurde gewählt. Aber nicht wegen, sondern trotz Palin.

Die „Contraception Controversy“ als wichtiger Wendepunkt?

Frauen sind nämlich keine „single issue“-Wählerinnen, die ihre Entscheidung vor allem an frauenpolitischen Inhalten ausrichten (auch wenn der Anteil dieser Gruppe wächst). Meinungsumfragen in den USA zeigen vielmehr, dass Frauen in vielen Fragen die gleiche Meinung wie Männer haben. Auch bei ihnen steht z. B. die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ganz oben auf der politischen Prioritätenliste – weshalb ihre Zustimmung zu Obama maßgeblich von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängt. Es gibt aber auch relativ konstante Unterschiede zwischen den Geschlechtern: So sind Frauen deutlich skeptischer, wenn es um Kriegsbeteiligungen geht, und durchgängig offener, was staatliche Maßnahmen im Sozial- und Gesundheitsbereich betrifft.

Gerade in diesen Bereichen muss Obama punkten und einige Ereignisse der jüngeren Vergangenheit – Stichwort: „Contraception Controversy“ – helfen ihm dabei. (Da diese Geschichte etwas mehr Hintergrundwissen erfordert, habe ich sie in einem eigenen Artikel zusammengefasst.)

Obamas Stellungnahme in seiner jüngsten White House Press Converence ist ein Beleg dafür, dass er das Rennen um die Stimmen der Frauen bereits eröffnet hat. Mit seinen Ansagen zur sozialen Absicherung des Mittelstands möchte und muss er auch skeptische Wählerinnen ansprechen, die von den rabiat-religiösen Rechten auf Seiten der Republikaner abgeschreckt werden:

Wenn diese Botschaft ankommt (dafür muss auch die Entwicklung des Arbeitsmarkts in den USA mitspielen), hat Obama gute Chancen, wieder die Mehrheit der Wählerinnen zu gewinnen und sich damit eine zweite Amtszeit zu sichern. Gelingt es ihm nicht, die Frauen von seiner Politik zu überzeugen, stehen seine Chancen auf eine Wiederwahl schlecht.

P. S.: Eine wichtige Rolle in diesem Match spielen natürlich auch die Ehefrauen der Bewerber um das Amt des US-Präsidenten. Diesem Thema werde ich mich allerdings erst dann widmen, wenn der Herausforderer von Barack Obama feststeht.

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Contraception Controversy

Arbeitslosigkeit hin, Benzinpreise her: Empfängnisverhütung war in den letzten Wochen das mit Abstand wichtigste Wahlkampf-Thema in den USA. Wir erklären, um was es dabei geht – mit einer kleinen Videosammlung.

Alles begann im Jänner mit der jüngsten Gesundheitsreform Obamas, die u. a. auch kirchliche Arbeitgeber dazu verpflichten wollte, im Rahmen der Krankenversicherung für ihre Angestellten die Kosten von Empfängnisverhütung zu übernehmen. Wenig überraschend liefen die Konservativen gegen diese Regelung Sturm. Die Bewerber für die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten lieferten sich ein Wettrennen um die härteste Kritik und riefen bald einen „Krieg Obamas gegen die religiöse Freiheit“ aus. Es sah ganz so aus, als hätte die Obama-Administration den Republikanern im Wahljahr eine Steilvorlage geliefert …

Zwar werden Verhütungsmittel auf Krankenschein von einer Mehrheit der US-BürgerInnen begrüßt, der Vorstoß wurde aber als Einschränkung der Religionsfreiheit angeprangert – schließlich hätten die Katholische Kirche und andere Religionsgemeinschaften dadurch Verhütungsmethoden finanzieren müssen, die sie ablehnen. Diese Darstellung drohte dem Amtsinhaber gefährlich zu werden, denn kein US-Präsident kann sich einen Konfrontationskurs mit der Religiösität im Land leisten. Obama machte deshalb einen Rückzieher.

Davon überzeugt, mit Obamas umstrittenen Plan ein wahlkampftaugliches Mobilisierungsthema gefunden zu haben, organisierten die Republikaner rasch ein Hearing im Repräsentantenhaus. Schon der Titel „Lines Crossed: Separation of Church and State. Has the Obama Administration Trampled on Freedom of Religion and Freedom of Conscience?“ versprach eine gewisse Dramatik. Unter dem Vorsitz des Republikaners Darrell Issa sollten ausschließlich religiöse Kritiker der Obama-Initiative zu Wort kommen.

Im Übereifer machte Issa allerdings den taktischen Fehler, keine einzige Frau als Zeugin zu laden, obwohl das Hearing Fragen der Empfängnisverhütung berührte. Die Demokraten bekamen nur eine Person als „minority witness“ zugestanden und schlugen dafür Sandra Fluke vor, eine frauenpolitisch engagierte Jus-Studentin an der Georgetown University in Washington D.C. – der ersten römisch-katholischen Universität der USA. Als Issa eine Aussage der 30-jährigen ablehnte, kam es zum Eklat und die Abgeordneten der Demokraten verließen das Hearing. Fluke sagte daraufhin bei einer eigenen Anhörung der demokratischen Kongressabgeordneten aus.

Dabei erläuterte die Studentin u. a., dass Empfängnisverhütung ihren Kommilitoninnen auf die Dauer des Jus-Studiums über 3.000 US-Dollar kosten würde, was für viele den Verdienst eines kompletten Sommers bedeuten und laut einer Umfrage rund 40 % der Studentinnen ihrer Fakultät finanzielle Probleme bereiten würde.

Aufgrund dieser Aussage wurde Fluke zum Zielobjekt gehässiger Angriffe der religiösen Rechten. Vor allem der erzkonservative Talk Radio-Star Rush Limbaugh, dessen Sendung von über 600 Radiostationen verbreitet und von bis zu 20 Millionen Amerikanern gehört wird, schoss sich auf die Studentin ein und beschimpfte sie u. a. als „Schlampe“ („Slut“), „Prostituierte“ und – ein Lieblingswort Limbaughs – „Feminazi“.

Zwischen dem 29. Februar und dem 2. März wurde Sandra Fluke insgesamt 46 Mal von Rush Limbaugh verunglimpft, der immer ausfälliger wurde. Der Radio-Talker mutmaßte dabei, Fluke habe so viel Sex, dass sie kaum laufen könne, und forderte sie auf, im Gegenzug für die Finanzierung ihrer Empfängnisverhütungsmittel Videos von ihrem Liebensleben ins Internet zu stellen. Die plötzlich im Mittelpunkt der innenpolitischen Diskussion stehende Jus-Studentin konterte mit der Ansage, sich mit solchen Methoden nicht zum Schweigen bringen zu lassen. Hier ein bewegendes Interview mit ihr:

Limbaugh, der für seine derben Verbalprügeleien bekannt ist, hatte den Bogen eindeutig überspannt. Den Republikanern bescherte er damit ein veritables Problem, denn Frauen sind eine der wichtigsten WählerInnengruppen bei den bevorstehenden Wahlen und seine Entgleisungen wurden von einer deutlichen Mehrheit der Wählerinnen verurteilt. Das folgende, sehr humorvolle Video bringt die Empörung vieler amerikanischer Frauen auf den Punkt:

Limbaughs Entgleisungen manövrierten die Kandidaten bei den republikanischen Vorwahlen jedenfalls in eine Zwickmühle. Da Limbaugh bei den Anhängern der Tea Party außerordentlich populär und meinungsbildend ist, wagte es nur Ron Paul, den Radiomoderator für seine Aussagen zu kritisieren. Mitt Romney, dem Rick Santorum empfindlich zu schaffen macht, brachte hingegen nicht mehr als eine halbherzige Distanzierung über die Lippen: Die Entgleisungen seien „nicht die Sprache, die ich verwendet hätte“, meinte er kurz angebunden. Obama-Berater David Axelrod ließ sich diese Gelegenheit nicht engehen, dem voraussichtlichen Herausforderer Obamas mangelnde Courage vorzuwerfen: „Wenn Romney sich noch nicht einmal traut, Limbaugh zu kritisieren, wie will er dann Ahmadinedschad gegenübertreten?“

Barack Obama wiederum stellte sich demonstrativ hinter Sandra Fluke. Der US-Präsident rief die Studentin an, um ihr seine Unterstützung zu bekunden und für ihr engagiertes Auftreten zu danken. Die Demokraten nutzten (und nutzen) die Entgleisungen Limbaughs, um die Frauenfeindlichkeit des rechten Lagers der Republikaner aufzuzeigen. Nancy Pelosi, die Anführerin der demokratischen Minderheit im RepräsentantInnenhaus, bezeichnete die politische Agenda der Republikaner als „Krieg gegen die Frauen“. Mit diesem Kampfbegriff wurde innerhalb kürzester Zeit eine Million US-Dollar an Kampagnenspenden gesammelt.

Am Ende tat Limbaugh etwas, was er sonst nie tut – er entschuldigte sich bei Sandra Fluke (wenngleich auch nur etwas halbherzig, wie sein nachfolgender Kommentar zeigt). Die Kritik an ihm war einfach zu massiv geworden und könnte ihm am Ende sogar seine Sendung kosten – auf 45 Werbekunden muss er jedenfalls bereits verzichten.

Fazit: Dank der unfreiwilligen Schützenhilfe von Rush Limbaugh und der starken Unterstützung von Frauenrechtsgruppen ist es den Demokraten gerade noch einmal gelungen, ein für sie hochbrisantes Thema zu ihren Gunsten zu drehen – zumindest vorerst, denn bis zu den Wahlen im November kann noch einiges passieren. Die letzten Wochen könnten aber ein entscheidender Etappensieg auf dem Weg zur Wiederwahl des Amtsinhaber gewesen sein – denn ohne die Unterstützung der Frauen hat Obama keine Chance auf eine zweite Amtszeit.

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Strategy Sunday: Glaubensfragen

Religion spielt in der US-Politik eine wichtige Rolle. Das hat vor allem historische Gründe: Unter den ersten Siedlern in den USA waren viele Flüchtlinge, die aufgrund ihres Glaubens – oder konkreter: der religiösen Verfolgung in ihrem Heimatland – in die Neue Welt aufgebrochen waren. Der Einfluss dieser Gründergenerationen ist heute noch spürbar. Etwa 9 von 10 US-AmerikanerInnen glauben an Gott und in den meisten Befragungen wünschen sich über 70 % der US-BürgerInnen einen „gläubigen“ US-Präsidenten. (Zum Vergleich: In Österreich bejaht etwa die Hälfte der Bevölkerung die Frage, ob sie an einen Gott glaubt – und die zweiten Frage habe ich noch in keiner österreichischen Meinungsumfrage gelesen.)

Ein Agnostiker wie Heinz Fischer wäre als Staatsoberhaupt in den USA daher kaum denkbar. Dabei ist die Trennung zwischen Kirche und Staat in den Vereinigten Staaten weitaus strikter als hierzulande. Kirchensteuern wären dort z. B. undenkbar und weder Gott noch Glaube sind in der Verfassung zu finden – dafür aber das „First Amendment“, in dem es wörtlich heißt: „Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof“.

Der Grazer Theologe Markus Löhnert erklärt diesen Widerspruch (in einem erst kürzlich erschienen „Der Standard“-Artikel) mit einem „staatsbürgerliches Religionsempfinden“, dass die Gründergenerationen im Bewusstsein der USA verankert haben: „Für einen guten Amerikaner gehört es sich einfach, religiös zu sein.“

God bless America

Dementsprechend müssen KandidatInnen für das höchste Amt im Staat die Festigkeit ihres Glaubens öffentlich belegen. Auch US-Präsident Obama legt viel Wert darauf, sich als vorbildlicher Christ darzustellen. Er beendet seine Reden stets mit der (seit Ronald Reagan wieder obligatorischen) Schlussformel „God bless America“, legte seinen Amtseid auf der Bibel von Abraham Lincoln ab, und erklärte in einer viel beachteten Stellungnahme „a Christian by choice“ zu sein. Damit versucht er auch, den religiösen Verschwörungstheorien und konservativen Attacken entgegenzuwirken, die gegen ihn gerichtet sind – stößt er doch aufgrund seines familiären Background, seiner Positionen zu Reizthemen wie Abtreibung oder gleichgeschlechtlichen Ehen bei der „religiösen Rechten“ naturgemäß auf wenig Gegenliebe.

Obama und seine Berater wissen nur zu gut, dass es angesichts der Grundstimmung in der amerikanischen Bevölkerung aussichtslos wäre, sich auf eine kontroversielle Diskussion über Glaubensfragen einzulassen. Weder eine strikt säkuläre Positionierung noch eine kritische Auseinandersetzung oder gar eine Ironisierung der fundamentalistischen Auswüchse auf evangelikaler Seite sind in den USA erfolgsversprechende Strategien. Vielmehr trachtet er danach, religiöse Werte im Sinne seiner Politik zu interpretieren und damit Orientierung in Sachfragen zu bieten. Veranstaltungen für religiös motivierte WählerInnen, Treffen mit Kirchenführern und die Teilnahme an Gottesdiensten zählen dementsprechend zum Grundrepertoire seiner Kampagne.

Die Demokraten haben ihre Lektion aus den US-Wahlen 2004 gelernt, bei denen George W. Bush (der übrigens jede Kabinettssitzung mit einem Gebet beginnen ließ) ohne die Mobilisierung der christlichen Fundamentalisten wohl kaum wiedergewählt worden wäre. Angesichts seiner möglichen republikanischen Herausforderer muss Obama danach trachten, dass „wedge issues“ wie Abtreibung, Schwulenehe oder Schulgebet nicht als politische Waffen gegen ihn gebraucht werden können.

Gott sei Dank

In Österreich ist die Trennung von Politik und Religion ein ungeschriebenes Gesetz – nicht zuletzt aufgrund des Verhaltens der Katholischen Kirche in der Zeit des Austrofaschismus. Versuche der (partei)politischen Einvernahmung werden von kirchlichen Würdenträgern im Regelfall streng kritisiert. Die Katholische Kirche beruft sich dabei u. a. auf das (auch heute noch sehr lesenswerte) „Mariazeller Manifest“ von 1952, in dem sie dem „Staatskirchentum“ eine klare Absage erteilte und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit allen politischen Lagern erklärte.

Wenn heimische PolitikerInnen versuchen, mit ihrer Religiösität zu punktet, mutet das zumeist eher skurill an – erinnern wir uns nur an die schwarz-blaue Bundesregierung, die nach dem Ende der EU-Sanktionen im September 2000 nach Mariazell pilgerte, an die damalige ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat, die „dem lieben Gott“ für den ÖVP-Wahlsieg 2002 dankte oder an Heinz-Christian Straches eher peinlichen Auftritt als Kreuzritter. Derartige Auftritte sind hierzulande also meist Eigentore. Gott sei Dank, bin ich da fast geneigt zu sagen …

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Foto: Denis Apel

Strategy Sunday: Konterspiel

Eine der ältesten Grundregeln des Kampagnenmanagements lautet, die eigenen Stärken gegen die Schwächen des Mitbewerbs einzusetzen. Wenn KandidatInnen sehr unterschiedliche Profile aufweisen, ist ihr Wahlkampf-Drehbuch meist leicht vorherzusehen. Doch es gibt immer wieder unkonventionelle strategische Ansätze – gerade in den USA …

Beginnen wir mit einem ganz klassischen Setting: Eine/n KandidatIn mit anerkannter außenpolitischer Kompetenz tritt gegen eine/n Mitbewerber/in mit geringer Erfahrung in diesem Bereich an – es liegt auf der Hand, dass er/sie diese Stärke zu einem zentralen Thema der eigenen Kampagne macht. Dem/der GegenspielerIn wird vielleicht mehr sozialer Gerechtigkeitssinn zugeschrieben – weshalb er/sie umgekehrt alles daran setzen wird, diesem Kriterium im Wahlkampf möglichst viel Bedeutung zu verleihen. In der Folge wird sich die Auseinandersetzung um die Frage drehen, ob außen- oder sozialpolitische Kompetenz für die Zukunft des Landes bzw. die zu wählende Position wichtiger ist. Die wechselseitigen Attacken auf die Schwächen des Gegenübers sind absehbar.

Die Rove-Methode

Zu den ungewöhnlicheren – und riskanteren – Strategien zählt es hingegen, auf die Stärken eines Gegners loszugehen. Perfektioniert wurde diese Methode von Karl Rove, einem der wichtigsten Berater des ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush. Im Präsidentschaftswahlkampf 2004 trat mit John Kerry ein (u. a. mit drei „Purple Hearts“) hochdekorierter Militärheld auf Seiten der Demokraten an, während Bush – der während des Vietnamkriegs in der Nationalgarde eine eher ruhige Kugel schob – sich mit dem Vorwurf konfrontiert sah, ein (sich vor dem Krieg drückender) „draft dodger“ gewesen zu sein.

Im klassischen Kampagnenverständnis hätte die Bush-Kampagne sich also davor hüten müssen, im US-Wahlkampf eine Diskussion über militärische Leistungen loszutreten. Doch Karl Rove entschied sich dafür, diese Stärke Kerrys frontal anzugreifen und attackierte ihn mit einer Schmutzkübelkampagne, die als Swiftboating inzwischen einen fixen Platz im politischen Vokabular der USA eingenommen hat. Kerry wurde dabei vorgeworfen, ein militärisch unfähiger Feigling zu sein – was seine Glaubwürdigkeit massiv beschädigte und ihn daran hinderte, eine seiner größten Stärken auszuspielen.

Die von Rove gewählte Offensiv-Strategie passte perfekt zu einem zweiten Schachzug, den die Bush-Kampagne 2004 setzte, nämlich den Mitbewerber für jene Schwächen zu kritisieren, die einem selbst vorgeworfen werden. Diese Form des Konterns kann man derzeit auch bei Mitt Romney beobachten, der die Kampagnendrehbücher von Karl Rove eingehend studiert haben dürfte.

„Turn the tables“

Mitt Romney wird bekanntlich vorgeworfen, ein moderater Flip-Flopper zu sein, dessen Überzeugungen sich stets an der politischen Großwetterlage orientieren. Statt sich dafür zu rechtfertigen, setzt er diesen Vorwurf allerdings kontinuierlich gegen seine Mitbewerber im Kampf um die Nominierung zum republikanischen Präsidentschaftskandidaten ein. Nach Herman Cain und Newt Gingrich attackierte er zuletzt Rick Santorum mit dem Vorwurf, ein berechnender Politiker zu sein, der eine Reihe von Positionen im Kongress nur aus Gründen der Zweckmäßigkeit eingenommen hat. In der Praxis sieht das z. B. so aus:

Diese Strategie ist – so wie die holländische Verteidigung im Schach – hoch riskant, da die damit verbundenen Argumente letzlich auch gegen Romney vorgebracht werden können. Sie trägt allerdings dazu bei, die Schwächen Romneys zu neutralisieren – und war bislang auch deshalb effektiv, weil er damit vermeiden konnte, in die Defensive gedrängt zu werden. Konterangriffe sind eben oft die beste Verteidigung …

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Strategy Sunday: Trennende Themen

Kontroversielle Streitthemen – also Fragen, in denen die Bevölkerung gespalten ist – zählen zu den „heißen Eisen“ jedes Wahlkampfs. In den USA werden solche Themen „divisive issues“ – also trennende Themen – genannt. Auch Begriffe wie „wedge issues“ (wedge = „Keil“), „hot button issues“ oder „third rail issues“ werden dafür verwendet. Doch wie auch immer man sie nennt: Jede Kampagne muss eine Strategie entwickeln, damit umzugehen.

Es gibt Themen, bei denen ein Großteil der Bevölkerung einer Meinung ist. PolitikerInnen, die mehr Jobs, eine effizientere Verwaltung oder bessere Schulen versprechen, werden damit im Regelfall auf eine breite Zustimmung stoßen. Solche Aussagen, denen eine Mehrheit der WählerInnen sofort zustimmt, werden hierzulande gerne „Ja-Botschaften“ genannt, in den USA hört man auch manchmal das Wort „no-brainer“ dafür.

Für PolitikerInnen aller Lager ist es natürlich verlockend, sich – mit einem Blick auf die Umfragen – stets auf die Seite der Mehrheit zu schlagen und Konfliktthemen zu meiden. Doch das Problem dabei ist: Derartige Ansagen kommen von allen KandidatInnen und helfen den WählerInnen kaum dabei, sich zwischen den verschiedenen „Angeboten“ auf dem politischen Markt zu entscheiden. Es sind eher die Standpunkte zu kontroversiellen Themen, die den WählerInnen dabei helfen, einen Unterschied zu identifizieren – und so eine persönliche Präferenz zu bilden. Darum kommt den „hot button issues“ in Wahlkämpfen eine wichtige Rolle zu.

Gute Themen, schlechte Themen

Aus Sicht jeder Kampagne gibt es gute und schlechte „divisive issues“. Gute Konfliktthemen sind solche, bei denen die eigene WählerInnenbasis eine eher einheitliche Position hat, die von möglichst vielen Unentschlossenen – und eventuell sogar von einem von einem Teil der WählerInnen der anderen Seite – geteilt wird. Schlechte Konfliktthemen sind hingegen solche, bei denen die eigenen WählerInnen höchst unterschiedliche Ansichten haben und die WählerInnen des politischen Mitbewerbs einer Meinung sind.

Es gibt gute Gründe, warum Kampagnen danach trachten, die für sie tauglichen „divisive issues“ zu zentralen Themen des Wahlkampfs zu machen:

  • Kontroversielle Themen können die WählerInnenbasis der MitbewerberInnen spalten, im gegnerischen Lager für Irritation sorgen und so zur Demobilisierung von AnhängerInnen der anderen Seite führen.
  • Kontroversielle Themen sorgen überdies für eine starke mediale Aufmerksamkeit, da Konflikte ein sicherer Garant für gute Quoten sind.
  • Eine klare Position bei einem kontroversiellen Thema lässt eine/n KandidatIn außerdem meist stark und entschlossen wirken.

Wer bei Konfliktthemen hingegen „in der Mitte“ steht, gewinnt weder die eine noch die andere Seite für sich, sondern wird im Regelfall als unentschlossen und schwach wahrgenommen – also „wischi-waschi“, wie man in Österreich dazu sagen würde.

Kontroversielle Themen bergen allerdings auch Risiken in sich. Wer in stark polarisierenden Fragen eindeutig Position bezieht, gewinnt zwar auf der einen Seite treue Fans, macht sich auf der anderen Seite aber entschlossene GegnerInnen. Anders gesagt: Es ist zwar relativ einfach, mit ausgesuchten „divisive issues“ einen Teil der WählerInnen für sich zu gewinnen, umso schwieriger ist es dann allerdings, eine klare Mehrheit der Bevölkerung auf seine Seite zu ziehen – was z. B. bei Präsidentschaftswahlen unumgänglich ist.

Darum setzen bevorzugt kleine Oppositionsparteien auf spaltende „wedge issues“, während breit aufgestellte Volksparteien – die oft die Anliegen unterschiedlichste Bevölkerungsgruppen unter einen Hut bringen müssen – damit ihre liebe Not haben und meist Strategien entwickeln müssen, an die Geschlossenheit und Einigkeit der Bevölkerung zu appellieren.

Wo sich die Geister scheiden

Ein klassisches Beispiel für den strategischen Einsatz von „divisive issues“ ist die „Southern Strategy“. Durch die Fokussierung auf entsprechende Konfiktthemen – die z. B. auf dem Rassismus gegenüber der afro-amerikanischen Minderheit und einem ausgeprägten Förderalismus aufbauten – gelang es den Republikanern, die Stimmen der weißen WählerInnen im Süden zu gewinnen und so die einstige Hochburg der Demokraten ab den späten 1960er-Jahren „umzudrehen“.

In etwas abgewandelter Form lässt sich eine Variante dieser Strategie auch in Österreich beobachten, wenn die FPÖ mit xenophoben „law and order“-Ansagen die (in vielen damit verbundenen Fragen durchaus inhomogene) WählerInnenbasis der Sozialdemokratie spaltet.

Der Umgang mit gesellschaftlichen Minderheiten ist meist auch deshalb ein Konfliktthema, weil damit Identitätsfragen berührt werden. Generell lässt sich beobachten, dass „divisive issues“ oft höchst persönliche und private Fragestellungen betreffen, die eng mit moralischen Wertvorstellungen verbunden sind. In den USA zählen dazu z. B. Themen wie Sterbehilfe, Abtreibung, uneheliche Schwangerschaften, Stammzellenforschung und nahezu alles, was mit der Gleichberechtigung von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen zu tun hat.

Den Wert solcher „hot button issues“ hat auch Rick Santorum erkannt, der damit bei den republikanischen Vorwahlen punktet. Bewusst nimmt er – z. B. im Bereich Schwangerschaftsverhütung – Positionen ein, die bei der konservativen Basis der Republikaner gut ankommen und vom moderater positionierten Favoriten Mitt Romney eher gemieden werden (müssen). Mit seinen kontroversiellen Ansagen wird er für die Mehrheit der US-Amerikaner nicht unbedingt wählbarer – im Rennen um die Nominierung hat sich diese Strategie allerdings als erstaunlich erfolgreich erwiesen.

Dieses Beispiel zeigt aber gleichzeitig auch die Grenzen einer solchen Strategie auf: Denn von der dadurch mit verursachten Spaltung der Republikaner könnte letztlich Barack Obama am stärksten profitieren …

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